BRD/ Jugoslawien 1964, 35mm, 92 min, deutsche Synchronfassung
Regie: Wolfgang Staudte
Sie sehen genauso hässlich aus wie vor 19 Jahren, nur haben sie diesmal ihre Gewehre gegen Fotoapparate und ihre Uniformen gegen kurze Hosen und Campinghemden eingetauscht. Mitten in der Karstlandschaft Montenegros bleibt der Kleinbus eines deutschen Gesangvereins infolge Benzinmangels liegen. In einem einsam gelegenen Dorf erhofft man sich von der Bevölkerung Hilfe, doch dort gibt es eine böse Überraschung. Die Sangesbrüder sind nämlich die ersten Deutschen, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges in dem einsamen Nest auftauchen, nachdem Soldaten der Wehrmacht alle männlichen Einwohner auf grausame Weise liquidieren ließen. (…) Staudte hat die Charaktere seines Films sicherlich überzeichnet, doch reichte allein die Spielhandlung aus, um einen Teil der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit auf die Barrikaden zu bringen, die sein Werk sofort als „Nestbeschmutzung“ diffamierte. (cinema.de)
„Alle hatten im Krieg Dreck am Stecken, alle brechen ihr Nachkriegsschweigen. (…) Staudte klagt nicht an, aber beobachtet menschliches Verhalten mit einer beißenden Schärfe. – Der eigentliche Skandal ist jedoch, dass die damalige Filmbewertungsstelle dem Film jedes Prädikat verweigerte. ‚Solche Spießer gibt es nicht‘ meinte die FBW. Der Film kostete 1,4 Millionen. Er spielte 50.000 Mark ein. Der Verleiher ging darüber pleite. Aber der Skandal von damals setzt sich heute fort: wo sind die DVDs von KIRMES und HERRENPARTIE? Wo kann man sie anschauen? Staudte hat es selbst heute noch nicht geschafft.“ (Falk Schwarz, 2014, filmportal.de)
„Als der Krieg glücklich verloren war, da war das eigene Nest hoffnungslos verdreckt von oben bis unten. Und da kein revolutionäres Großreinemachen stattfand, wurde der Dreck versteckt, so gut es ging, aber er blieb im eigenen Nest… Die aber, die sich diese Zeit dennoch nahmen und den Dreck aus den eigenen Ecken hervorzukehren suchten, es waren gottlob nicht wenige, mußten oft auf den Dank des Vaterlandes verzichten und erfahren, daß ihr politisches Reinlichkeitsbedürfniseben von jenem Kommentar begleitet wurde, der der Anlaß zu diesen Zeilen ist: Der beschmutzt ja sein eigenes Nest! Schon bald nachdem der Film DIE MÖRDER SIND UNTER UNS uraufgeführt war, tauchte, wenn auch noch vergleichsweise zaghaft, dieser Vorwurf gegen mich auf. (…) Daß noch zwanzig Jahren die Mörder noch immer unter uns sind, aus Zuchthauszellen spazieren, Bundesverdienstkreuze erhalten, auf Ministersessel gesetzt werden, besagt doch nichts anderes, als daß noch immer Schmutz im eigenen Nest ist, der beseitigt werden sollte. Wer sich aber dieser gewiß nicht immer dankbaren Arbeit unterzieht, erregt mancherorts Mißfallen auf seltsame, oft bedenkliche Art. Er wird angesehen als fremder Vogel aus fremdem Nest, der schadenfroh krächzt: Seht, wie schmutzig euer Nest ist! Dabei ist es sein eigenes Nest und so auch sein eigener Schmutz. (…)
Politische Filme sind ein Stück Geschichtsdarstellung der Gegenwart. Sofern sie Kunst sind, werden sie parteiisch sein, herausfordernd und subjektiv, aber immer anteilnehmend und besorgt um den Zustand des ‚eigenen Nestes‘. (…) – Sicher sind es nicht die Filme, die das eigene Nest beschmutzen.“ (Wolfgang Staudte, 1964, zitiert nach: Film und Fernsehen Heft 9/1986, S. 40/41)
„Diese Komplexität, die nicht beruhigt und weder Lösungen, noch eindeutig Schuldige präsentiert, wurde HERRENPARTIE zum Verhängnis – bis heute wurde Staudtes Film nicht rehabilitiert, dessen Aufführung in Cannes von der damaligen deutschen Regierung untersagt wurde und ihm heftige persönliche Kritik einbrachte. Unterhaltung oder politisches Kino? – HERRENPARTIE entschied sich nicht, wählte keinen künstlerisch zurückhaltenden, ausgewogenen Gestus, sondern nahm sich einer ernsten Thematik in Form einer Räuberpistole an, indem er einen deutschen Männer-Gesangsverein in den Bergen Montenegros auf eine Horde wilder Witwen treffen ließ, die zu Waffen und Sprengsätzen greifen – eine explosive Mischung, die in diesem grandiosen und in seiner Unfassbarkeit einmaligen Film nichts von ihrer Wirkung verloren hat.“ (Udo Rotenberg: Herrenpartie (1964) Wolfgang Staudte – 24.12.2013)