zum Buch:
Seit Filme gemacht werden, stehen auch Sorbinnen und Sorben vor und hinter der Kamera. Einen Höhepunkt erlebte der sorbische Film in der DDR, vor allem in der DEFA-Produktionsgruppe »Sorbischer Film« (Serbska filmowa skupina). In der deutschen Filmgeschichtsschreibung aber ist er bisher nahezu unsichtbar. In Kooperation mit dem Sorbischen Institut schließt die Monografie mit Beiträgen sorbischer und deutscher Autorinnen und Autoren diese Lücke. Vom Kaiserreich bis in die Gegenwart geben sie einen Überblick des sorbischen Filmschaffens. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Kino- und Fernsehproduktionen des DEFA-Studios sowie der Babelsberger Filmhochschule zwischen 1946 und 1992. Ergänzend dazu werden die wichtigsten sorbischen Filmschaffenden der DDR vorgestellt und ihre Bedeutung für den sorbischen und deutschen Film erörtert. Einzelbeiträge beleuchten zudem Fragen von Identitätsbildung und Film, Literaturverfilmungen, Stereotypen im Film und Verbindungen zum indigenen Kino. Ein Gespräch mit ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Produktionsgruppe bietet seltene Einblicke in eine bislang unbekannte Produktionspraxis und den Umgang mit der einzigen staatlich anerkannten ethnischen Minderheit der DDR. Auf zwei beigelegten DVDs werden wichtige Werke – sowohl deutsch- als auch sorbischsprachig – erstmals öffentlich zugänglich gemacht.
ISBN | 978–3‑86505–424‑1 |
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zum Film:
WITAJ HEISST: ICH GRÜSSE DICH, DDR 1980, 45 min, deutsche Originalfassung
Regie: Peter Rocha
Der sorbische Lehrer und Volksdichter Fryco Rocha (1863–1942) lehrte trotz Verbot im Kaiserreich die sorbische Sprache und verfasste in ihr eine Vielzahl von Gedichten, Geschichten und Liedern. Der Regisseur folgt den Spuren seines Großvaters bis in die Gegenwart sorbischer Identität in der DDR.
In Tauer, wo Rocha wirkte, erinnern sich Zeitzeugen daran, wie er sie – die als „wendisches Pack“ diskriminiert wurden – ermutigte und befähigte, Stolz und Selbstbewusstsein der eigenen Kultur zu entwickeln. Was es heute (also Ende der 1970er-Jahre) heißt, Sorbe zu sein, erkundet Peter Rocha im Gespräch mit Intellektuellen und Jugendlichen. In deren Berichte montiert er traumhafte Sequenzen von Resten einer lebendigen sorbischen Volkskultur wie dem Zapust.
Auf einer dritten Ebene drängen immer wieder gespenstisch wirkende Bilder von Kraftwerkstürmen und das Quietschen der Kohlewaggons auf der Tonspur in die Erzählung – ein subtiler Kommentar des DEFA-Regisseurs zur Gefährdung der sorbischen Kultur in der Gegenwart. Das Publikum verstand diese Bilder zu lesen und Peter Rocha erwies sich seines widerständigen Vorfahrens als würdig. (Grit Lemke, FilmFestival Cottbus 2016)