Sektion: Frauenrollen im Sozialismus und danach
Im Sozialismus galt die Frage der Gleichberechtigung als gelöst. Frauen in der DDR, Sowjetunion und anderen Ostblockstaaten wurden dazu ermutigt, eine Ausbildung zu machen und arbeiten zu gehen. Und hier kam auch der Film ins Spiel. Auf Bildschirmen und Leinwänden erstrahlte das Vorbild einer fleißigen Arbeiterin. Aber was verbirgt sich dahinter? Und wie hat sich das Frauenbild mit der Zeit verändert?
Das FilmFestival Cottbus (FFC) gastiert am 16.+22.11. im Krokodil und präsentiert zwei Programme aus der Sektion „Frauenrollen im Sozialismus und danach“, die das vielfältige Kaleidoskop der Frauenrollen nach 1945 und ihre Entwicklung bis heute erkundet. Kuratiert von Jana Riemann.
FRAUENROLLEN IM SOZIALISMUS UND DANACH wird unterstützt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
zum Kurzfilmprogramm:
ГЛИБОКА ВОДА / DEEP WATER / TIEFES WASSER
Ukraine 2021, Animation, 6 min, R: Anna Dudko Eine Meerjungfrau schaut heimlich einem Mann beim Duschen zu. Dieser Animationsfilm illustriert weibliche Lust und Sexualität auf eine humorvolle und zärtliche Weise.
AKTFOTOGRAFIE – Z.B. GUNDULA SCHULZE
DDR 1983, Dok., 11 min, R: Helke Misselwitz
Eine Aktfotografin spricht über die Darstellung und Wahrnehmung der Frauenkörper – eine Diskussion, die heute immer noch hochaktuell ist. Wie war es 1983 und was hat sich seitdem geändert?
MILÝ TATI / LOVE, DAD / LIEBER VATER
Tschechien 2021, Dok./Animation, 13 min, OmdU, R: Diana Cam Van Nguyen
Eine junge Frau versucht, Kontakt mit ihrem Vater aufzunehmen. Dass er die Familie verlassen hat, konnte sie ihm nie ganz verzeihen. Wäre er geblieben, wenn sie ein Junge und kein Mädchen gewesen wäre?
35 FOTOS – FAMILIENALBUM EINER JUNGEN FRAU
DDR 1985, Dok., 6 min, R: Helke Misselwitz Eine Frau reflektiert über ihr Leben, während sie uns ihr Familienalbum zeigt. Ist sie zufrieden mit ihren Lebensentscheidungen oder würde sie etwas ändern wollen?
TANGO TRAUM
DDR 1980, Dok., 18 min, R: Helke Misselwitz Ein filmisches Essay über eine Frau, die in ihren vier Wänden eine Reise nach Argentinien unternimmt.
NANU TUDOR / MY UNCLE TUDOR / MEIN ONKEL TUDOR
Belgien, Portugal, Ungarn 2020, Dok., 20 min, OmdU, R: Olga Lucovnicova
Die Regisseurin reist in den Ort, in dem sie aufwuchs. Seit ihrer Kindheit quält sie eine bestimmte Frage, die sie ihrem Onkel Tudor endlich stellen kann. (Jana Riemann, FFC 22)
„Es gibt eine Szene im Film (…): Die Familie sitzt am gedeckten Tisch. Man sitzt eng, die Regisseurin mitten drin. Ihr ist das Unwohlsein anzusehen, ihre ohnehin schmächtige Figur macht sich ganz schmal. Alle anderen reden angeregt. Man habe auch was ohne Fleisch extra für sie gekocht. Die nationale Identität der Regisseurin, ‘unserer kleinen Olga‘, wird diskutiert. Natürlich sei sie Moldawierin, aber auch ein wenig Ukrainerin und irgendwie auch Russin. Und alle wissen um ihre andere Prägung und schweigen beredt. Man möchte die junge Frau wegzerren von diesem Tisch, vom fetten Essen und der Feier der Familie(nhölle). Olga Lucovnicova ist es gelungen, ein kleines, völlig unpathetisches, grausames und dennoch furchtloses Meisterwerk zu schaffen. Dabei war nichts an ihrem Werdegang biografisch vorgesehen und so sitzt sie wie ein Fremdkörper im Kreis Ihrer Familie. Sie wird nicht lange dort bleiben, soviel ist gewiss.” (Annette Schuhmann, zeitgeschichte-online.de)
„Mein Film begann mit dem Wunsch, erwachsen zu werden und meine Ängste aus der Kindheit loszuwerden. Es war eine herausfordernde, aber sehr wichtige Reise für mich. Tolstoi sagte: ‘Alle glücklichen Familien sind gleich; jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.‘ Ich würde sein Zitat erweitern und sagen, dass alle Familien glücklich aussehen wollen und dabei manchmal unbewusst die geliebten Menschen opfern, um schreckliche Geheimnisse zu verbergen. Dann kann der sicherste Ort der Welt, unsere Familie, zu einem Käfig tiefer Ängste und Befürchtungen werden.” (Olga Lucovnicova)