JFBB Sektion: BRUCH ODER KONTINUITÄT? “ANTIZIONISMUS” UND ANTISEMITISMUS IM SOZIALISMUS UND DANACH. TEIL II: ANTISEMITISMUS IM POSTSOZIALISMUS
Volker Koepp, DE 1999,126 min, OmeU, Dokumentarfilm
Originalsprache: Deutsch, Hebräisch, Jiddisch, Russisch, Ukrainisch
Täglich besucht Herr Zwilling die 90-jährige Frau Zuckermann. Man spricht über das gemeinsam Erlebte, über Politik und Literatur. Beide kommen aus Czernowitz, einst Zentrum jüdischer Kultur im Westen der Ukraine – bis 1941. Damit verknüpft werden Episoden jüdischer Erfahrungen im Czernowitz der späten 1990er-Jahre, nach dem Ende der Sowjetunion.
Czernowitz liegt in der Bukowina, einer Grenzlandschaft, die über die Jahrhunderte vom Vielvölkergemisch geprägt war. Die jüdische Bevölkerung machte zeitweilig die Hälfte der Einwohnerschaft aus, es überlebten nur wenige die von Deutschen und Rumänen 1941 verordnete Deportation in die Lager Transnistriens. Im Mittelpunkt von Volker Koepps Film aus dem Jahr 1999 stehen Herr Zwilling und Frau Zuckermann, die zu den letzten noch im alten Czernowitz geborenen Jüdinnen und Juden gehörten. Beide verbindet neben ihrer Freundschaft nicht zuletzt die deutsche Sprache. Täglich besucht Herr Zwilling in den Abendstunden die 90-jährige Frau Zuckermann. Man spricht über frühere Zeiten und die alltäglichen Sorgen. In den Lebensgeschichten dieser beiden Menschen steckt das Elend des 20. Jahrhunderts. Mit ihren Erinnerungen verknüpft der Film Episoden aus dem jüdischen Leben im Czernowitz nach dem Zerfall der Sowjetunion Ende der 1990er-Jahre.
Angesichts des wieder zunehmenden Antisemitismus in ganz Europa hat Koepps filmisches Meisterwerk auch über 20 Jahre nach seiner Uraufführung nichts von seiner Aussagekraft und Gültigkeit verloren.
Czernowitz ist eine der wenigen ukrainischen Großstädte, die seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 noch nicht von russischen Truppen angegriffen wurde und gilt derzeit als Zufluchtsort für ukrainische Binnengeflüchtete.
Text: https://salzgeber.de/zwillingzuckermann, bearbeitet von Charlotte Kühn