Soll man Filme aus der Russländischen Föderation in Zeiten des Terrors gegen die Ukraine zeigen? Wir haben das bisher nur in Ausnahmefällen getan. Oft richteten sich diese sogar direkt gegen die sogenannte Spezialoperation. Seit drei Jahren hadern wir sogar mit dem Abspiel historischer „russischer“ bzw. entsprechender sowjetischer Produktionen. Interesse und Nachfragen gibt es durchaus. Doch in den aus diesem Anlass entstehenden Gesprächen kommt es oft zu Relativierungen des Krieges und seiner Verbrechen. Wir halten das nicht aus! Hoffentlich überlebt die Welt die Aggressionen des Russländischen Staates! Um Filme aus Russland machen wir uns gerade die wenigsten Sorgen. Eine Stimmung und kein Programm, denn kritisches und reflektiertes Schauen gehört für uns immer dazu. Programmverbote, auch selbstauferlegte, halten wir für kontraproduktiv. Manchmal muss man auch schwierige Sachen schauen, um alte oder bequeme Überzeugungen aufzugeben oder Neues zu entdecken.
Dann kam eine Anfrage des Jakutischen Filmfestivals, von Angehörigen eines durch Russland kolonisierten Volkes, die Veranstalterin lebt nach eigenen Worten im lettischen Exil. Warum wir trotz unserer eben beschriebenen allgemeinen Stimmungslage nicht genauer hingesehen haben, können wir heute selbst nicht verstehen! Ja, wir hätten nicht blind zusagen, sondern vorher gründlich die Filmauswahl prüfen sollen, ein klarer Fehler!
Zum Film KARINA sei hier deshalb gesagt: Es gibt keine guten OMON – Einheiten, egal ob ihre Mitglieder Jakuten sind oder sich an der Suche nach verlorengegangenen Kindern beteiligen. Seit ihrer Gründung ist die OMON – Truppe als Terrormiliz verrufen. Jeder, der unter den aktuellen Bedingungen in der Russländischen Föderation irgendeine Uniform trägt, macht sich mitschuldig. Der Film KARINA lenkt ab und verschleiert. Achten Sie auf die Darstellung der Frauen im Film, auf Rollenbilder und die straffe militärische Organisation der Rettungsaktion. Warum erscheinen alle Charaktere so flach, warum interagiert niemand wirklich oder nur das Führungspersonal?
Wir hätten die Vorführung von KARINA absagen können und haben uns nun doch für eine auf diese Art und Weise kommentierte Vorführung des Films entschieden. Unsere Anmerkungen werden so vielleicht auch von jenen gehört, die sie nicht hören wollen. Die bei uns verbleibenden Erlöse aus der Vorführung von KARINA überweisen wir zu 100 Prozent an Ukraine Art Aid Center – Spenden für den Kulturgutschutz. Der Krieg verändert nicht nur unsere Welt, sondern auch die unter diesen Umständen gezeigten Filme. So wurde der in unserem regulären Programm aktuell präsentierte Streifen U ARE THE UNIVERSE noch vor der „russischen“ Vollinvasion fertiggestellt und ist heute ein ganz anderer Film geworden. Das müssen nicht nur wir, sondern auch die Organisatorinnen des Jakutischen Festivals verstehen. Sonst zerren wir gemeinsam den Karren des Kremls.
Mit Dank an Claus Löser verweisen wir auf seine Besprechung DÖRFER UND DROHNEN IN JAKUTIEN