„Das ist ja furcht­bar! Geht das hier noch lan­ge so wei­ter?“ – Pro­gramm zum letz­ten Spiel­tag des Jah­res am Di, 19.12. um 20 Uhr

„Das ist ja furcht­bar! Geht das hier noch lan­ge so wei­ter?“ rief am letz­ten Spiel­tag des ver­gan­ge­nen Jah­res eine plötz­lich aus dem Saal stür­men­de Zuschaue­rin. Dabei hat­ten wir doch gera­de ange­fan­gen, nicht nur mit dem Auf­tritt unse­rer kino­ei­ge­nen und extra für den Abend zusam­men­ge­stell­ten Blas­ka­pel­le, son­dern auch mit dem Üben. In Anbe­tracht unse­res beschei­de­nen Reper­toires war unser musi­ka­li­sches Vor­pro­gramm dann auch schnell, also nach genau einem Titel, vor­bei. Man muss uns unse­re Spiel­freu­de und den Stolz ange­se­hen haben, aber auch das Lam­pen­fie­ber und eine von for­schem Auf­tre­ten ver­deck­te Schüch­tern­heit. Viel­leicht nen­nen Sie das dilet­tan­tisch? Falsch wäre das nicht. Nach mei­nem Gefühl wer­den die inter­es­san­ten und ambi­tio­nier­ten Kinos ja ohne­hin von Dilet­tan­ten betrie­ben, nicht von tro­cke­nen Film­thea­ter­kauf­leu­ten, son­dern von Men­schen denen die Sache Spaß macht. Schließ­lich steckt im Wort Dilet­tant das latei­ni­sche „delec­ta­re“ also, das (sich) „erfreu­en“ drin. Am letz­ten Kino­tag die­ses Jah­res, also am 19. Dezem­ber, spie­len wir wie­der Fil­me, die uns beson­ders viel Freu­de berei­ten, tun also end­lich wie­der ein­mal etwas, das wir nur um sei­ner selbst wil­len tun. Ganz so wie die von den jugo­sla­wi­schen Behör­den ver­folg­ten Radio­pi­ra­ten oder Funk­ama­teu­ren in Krs­to Papićs Doku­men­tar­film NEK SE ČUJE I NAŠ GLAS aus dem Jahr 1971. Die bäu­er­lich kon­ser­va­ti­ve aber eben­so bäu­er­lich anar­chis­ti­sche Bevöl­ke­rung der jugo­sla­wi­schen Volks­re­pu­blik scheint da weit vor der Erfin­dung des Pod­casts vom Sen­de­fie­ber infi­ziert und lässt sich in sei­nen bis­wei­len gro­tesk anmu­ten­den Bemü­hun­gen um ein voll­wer­ti­ges indi­vi­du­el­les eige­nes Radio­pro­gramm auch von staat­li­cher Ver­fol­gung nicht aus­brem­sen. Auch bei den anläss­lich einer dörf­li­chen Miss­wahl im Film MALA SEO­S­KA PRI­RED­BA (Klei­nes Dorfe­vent) auf­spie­len Musi­kan­ten han­delt es sich um Ama­teu­re. Offen­sicht­lich eifern die dörf­li­chen Prot­ago­nis­ten mit der Ver­an­stal­tung einem vom Fern­se­hen oder dem gern kopier­ten Wes­ten gesetz­ten Mus­ter nach – zum Schrei­en komisch und gleich­zei­tig zum Heu­len traurig.

Der als Vor­pro­gramm geplan­te Auf­tritt unse­rer wie­der­auf­ge­stell­ten Kino­be­triebs­ka­pel­le ist dage­gen wirk­lich kein Grund zum Wei­nen. Sie dür­fen gern mit­spie­len, mel­den Sie sich doch noch bit­te unbe­dingt als Mit­spie­le­rin oder Mit­spie­ler an! Nicht nur über blech­bla­sen­de Ver­stär­kung wür­den wir uns wirk­lich freuen.

Was war eigent­lich Kino oder „Geht das hier noch lan­ge so wei­ter“? Wenigs­tens die ers­te Fra­ge wur­de letz­tens auch bei einer gemein­sa­men Ver­an­stal­tung des Ver­ban­des der deut­schen Film­kri­tik und der Aka­de­mie der Küns­te gestellt. Wozu braucht es Kino noch, wenn Fil­me nicht mehr allein, am Ran­de oder nur noch halb­her­zig oder um der aus­ge­lob­ten Ver­leih­för­de­rung wil­len fürs Kino ange­bo­ten wer­den? Sehen wir uns ledig­lich als Ver­wer­tungs­be­trieb und woll­ten wir so etwas jemals aus­schließ­lich sein? Eigent­lich wären wir gern mehr, sind das bis­wei­len hof­fent­lich auch, sto­ßen dabei viel zu oft an eige­ne und ande­re Grenzen.

„Geht das hier noch lan­ge so wei­ter“? Im Gegen­satz zum Kino wird der Film über­le­ben. Viel­leicht keh­ren wir als Kino wie­der mehr zu unse­ren uralten Wur­zeln zurück und den­ken an die Anfän­ge und Ahnen: das fah­ren­de Volk, die Gauk­ler und Schau­bu­den­be­trei­ber. In die­sem Sin­ne tre­ten wir am 19. Dezem­ber mit unser Kino­be­triebs­blas­mu­sik­ka­pel­le auf. Kom­men Sie vor­bei und trau­en sich, viel­leicht wol­len Sie auch unser Schei­tern sehen? Aus Voy­eu­ris­mus oder Scha­den­freu­de, kein Grund für Scham, dafür such­te man doch Schau­bu­den auf! Viel­leicht ent­wi­ckeln Sie aber auch Mit­ge­fühl mit uns oder Bewun­de­rung? Wäre das nicht schön? So kurz vor Weih­nach­ten, wir atmen im sel­ben Takt, wir und Sie, Sie und das Kino kom­men zusam­men. Wir hät­ten dann ein vor­weih­nacht­li­ches Ren­dez­vous! (gh)