Am Mi, 08.02. um 20:30 Uhr mit Vorfilm
Wo geht’s hin? Wissen wir wirklich wohin die Reise geht? Am Ende der Geschichte glauben wir, alles schon vorher gesehen zu haben. Doch was haben wir wirklich gesehen und was sehen wir erst heute? Was verdecken die neuen schrecklichen Bilder des russischen Krieges in der Ukraine oder öffnen diese Bilder unsere Augen? Lew Kuleschow hatte in seinem berühmten Montageexperiment das ausdruckslose Gesicht des Schauspielers Iwan Mosjuchin mit dem eines Suppentellers, einer verführerischen Frau und dem eines Sarges kombiniert. Entsprechend der Anordnung glaubten die Zuschauer, in seinen Zügen entweder Hunger, Trauer oder Wollust zu erkennen.
Was sagen uns die Gesichter der Metropassagiere in Ruslan Fedotovs Film Куда мы едем? Es lohnt hinzusehen! Wir sollten es wieder und wieder tun. Alte und neue Gewissheiten überprüfen. Dazu muss man vielleicht auch manche Filme aus Russland sehen. Aber soll man das unter den aktuellen Bedingungen wirklich tun? Wenigstens solange Bomben fallen, plädieren viele ukrainische FilmemacherInnen für einen Boykott russischer Streifen. Verständlicherweise vermissen sie eine breite Solidarität ihrer KollegInnen von der anderen Seite. Doch wie soll man sich solidarisch zeigen, wenn man den Krieg weder zeigen, ja noch nicht einmal beim Namen nennen darf?
Yana Osman erzählt in ihrem Film Ласточкины хвосты / Schwalbenschwänze von den Zinnen des Moskauer Kreml, von Schwalbenschwänzen und von etymologischen Fragen. Nicht ein einziges Mal fällt das Wort Krieg, doch taub wer hier das Ungesagte überhört und blind, wer die Fesseln der halbversteckten Kamera in Fedotovs bereits vor dem 24. Februar des vergangenen Jahres gedrehten Filmes übersieht.
Wohin geht’s – Куда мы едем? Sehen Sie hin! Wegsehen geht nicht. (gh)