Forum & Friends: Osteuropa-Nachlese
Lettland / Tschechien / Ukraine 2025, 179 min, ukrainische Originalfassung mit engl. UT
Regie: Vitaly Mansky
Dem realen Terror des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sehen in Vitaly Manskys epischem Dokumentarfilm CHAS PIDLOTU die Bewohner*innen L’vivs in die Augen, sie haben keine Wahl: Russlands Raketen erreichen auch die Westukraine in kürzester Zeit. Niemand ist hier sicher vor Tod, Zerstörung oder den gesellschaftlichen Folgen des Zermürbungskrieges. Der städtische Friedhof füllt sich mit Flaggen und Holzkreuzen, einen Frühling und ein weiteres Kriegsjahr lang. Ein schmerzhafter Film. (Barbara Wurm)
„Time to Target“ bezeichnet die Zeit, die eine Rakete braucht, um ihr Ziel zu erreichen. Auch fern der Front ist die ukrainische Bevölkerung nicht vor militärischen Angriffen sicher. Nicht sicher vor Tod, Zerstörung und den gesellschaftlichen Folgen eines Zermürbungskrieges. Das westukrainische Lviv, Geburtsort von Regisseur Vitaly Mansky, kämpft um Normalität, ohne dabei die täglichen Kriegsverluste zur Gewohnheit werden zu lassen. In das frühlingshafte Treiben der historischen Altstadt zwischen Berufsverkehr, Stadtführungen und Versammlungen, Schulunterricht und Kaffeehauslärm, brechen Totenglocken und Gedenkminuten ein. Wieder und wieder. Der städtische Friedhof füllt sich mit Flaggen und Holzkreuzen. Über ein Jahr begleitet der Film Musiker eines Militärorchesters, Veteranen und Zivilistinnen bei ihrer Alltagsbewältigung – mit Herz, Witz und dem Mut, sich einer gnadenlosen Realität zu stellen. Einen Frühling und ein weiteres Kriegsjahr später: Neue Rekrutinnen werden in den Einsatz geschickt. Der Kreis schließt sich. Und es wird schmerzhaft klar, dass Frieden manchmal nichts als die Zeit bezeichnet, bevor eine Rakete einschlägt. (Irina Bondas, Berlinale Forum 2025)
„Was diesen Film so sehenswert macht, ist die Präzision seiner Beobachtungen, die Aufmerksamkeit für scheinbar nebensächlichste Details. Und keine Angst vor Kontrasten! (…) Drei Stunden sind genug Zeit, um die ukrainischen Soldatengräber zu jeder Jahres- und Tageszeit zu betrachten. Und immer länger schaut die Kamera in die Gesichter der viel zu jungen Toten, ihre Fotos auf den Gräbern. Auch das ist Mansky Film: ein großer, schöner, stiller Nachruf auf viel zu viele. Mit blinkenden Lichterketten zu Weihnachten, aber vor allem in einem Meer von blau-gelben Fahnen. Und dieses Meer wächst.“ (Kerstin Decker, Der Tagesspiegel 15.02.25)
Forum & Friends: Osteuropa-Nachlese ist Teil der vom Hauptstadtkulturfonds geförderten Veranstaltungsreihe Arsenal on Location:
