A fost sau n‑a fost? (12:08 öst­lich von Buka­rest / 12:08 East of Bucharest)

ein Pro­gramm zum letz­ten Spiel­tag des Jahres

Es gibt die lan­gen Jah­re und es gibt die kur­zen. Es gibt die, die sich ewig hin­zie­hen und die, die ganz schnell vor­bei­ge­hen. Ohne jeden Zwei­fel ste­hen wir schon wie­der kurz vor jener längs­ten Nacht des Jah­res, in deren Schat­ten wir nach altem Brauch die letz­te Vor­stel­lung des aus­ge­hen­den Kino­jah­res begrüßen.

A fost sau n‑a fost? War da etwas oder war da nichts gewe­sen? Was war am 22. Dezem­ber 1989 in einer rumä­ni­schen Klein­stadt oder am 18. Dezem­ber 2024 in einem klei­nen Ber­li­ner Kino los? Viel­leicht reden Sie ja spä­ter dar­über, so wie in die­ser Talk­show im Film A FOST SAU N‑A FOST. Ob Sie dabei waren oder nicht? Ob Sie schon frü­her kamen oder erst weni­ge Minu­ten spä­ter? Ob im Kino ledig­lich ein Film lief oder vor­her eine dilet­tan­ti­sche Kapel­le spiel­te? Was war denn da eigent­lich los? Kön­nen oder wol­len Sie sich nicht erin­nern? Wel­che Geschich­te erzäh­len Sie sich spä­ter selbst über jenen Abend? Erin­nern Sie sich wirk­lich so schwer dar­an? War es nur der Alko­hol oder hat die Sache ande­re Grün­de? Wir sind uns jeden­falls sicher! Wenn Sie spä­ter an Ihren Erin­ne­run­gen zwei­feln, könn­ten Sie den von uns heiß­ge­lieb­ten Film wirk­lich gese­hen haben.

Und wenn Sie Zwei­fel has­sen? Dann emp­feh­len wir Ihnen den Besuch des Kino Baby­lon in Mit­te. Viel­leicht erklärt dort, wie letz­tens erst, Egon Krenz noch ein­mal die Ereig­nis­se des Jah­res 1989. Mit der Anwe­sen­heit und eige­nen Begrü­ßung eines rus­si­schen Bot­schafts­ra­tes dür­fen das Publi­kum bestimmt wie­der rech­nen! Mög­li­cher­wei­se sind auch Mit­glie­der des Front­ul Sal­vă­rii Națio­na­le, der rumä­ni­schen Front zur natio­na­len Ret­tung unter Ion Ilies­cu gela­den? Hat­te Ilies­cu sei­nen eins­ti­gen Spieß­ge­sel­len Ceauşes­cu nicht bereits am 25. Dezem­ber 1989 vor ein Mili­tär­tri­bu­nal gestellt und sich nach der sofor­ti­gen Voll­stre­ckung des Todes­ur­teils am sel­ben Tag zum Prä­si­den­ten wäh­len las­sen? Man­che nen­nen das viel­leicht kon­se­quent, kle­ben heu­te Pla­ka­te und schrei­ben „Voll­ende die Wende!“.

Kom­men Sie am 18. Dezem­ber also doch lie­ber zu uns! Sie müs­sen nicht pünkt­lich kom­men, wir freu­en uns, egal ob um 20 Uhr oder erst weni­ge Minu­ten danach! Und wenn Sie doch spä­ter kom­men und dann behaup­ten, Sie sei­en schon frü­her dage­we­sen, wer­den wir nicht fra­gen. Das kön­nen Sie sich auch allein. Wir freu­en uns in jedem Fall auf Sie! (gh)

zum Film:

A fost sau n‑a fost? (12:08 öst­lich von Bukarest)

Rumä­ni­en 2006, 89 min, rumä­ni­sche Ori­gi­nal­fas­sung mit deut­schen UT

Regie: Cor­ne­liu Porumboiu

12:08 EAST OF BUCHA­REST von Cor­ne­liu Porum­boiu setzt sich auf eine sehr klu­ge, teils wahn­sin­nig komi­sche Wei­se mit den Ereig­nis­sen von 1989 aus­ein­an­der. Der Film spielt in der Pro­vinz. 16 Jah­re nach der ‚Revo­lu­ti­on‘ ver­an­stal­tet der eit­le Besit­zer eines rüh­ren­den Pro­vinz­fern­seh­sen­ders mit sei­nen Gäs­ten – einem trin­ken­den Schul­leh­rer und einem ein­sa­men Pen­sio­när – eine Talk­show. Es geht um die Fra­ge, ob es ’89 eine Revo­lu­ti­on gege­ben habe oder nicht; ob die Men­schen in der Pro­vinz­stadt also vor der Flucht Ceau­ses­cus um 12:08 Uhr oder erst danach demons­trier­ten. Die Schau­spie­ler des Films, die sonst in Pro­vinz­thea­tern spie­len, sind unglaub­lich gut. Der Film ist wun­der­bar komisch, gera­de im Detail, ohne dabei je zynisch oder auf­dring­lich zu wer­den. (Det­lef Kuhl­brodt, TAZ 20.11.2006)