Deutschland 1997, 90 min, deutsche Originalfassung
Regie: Thomas Heise Silberne Taube, DOK Leipzig
Der Film beginnt am Tage der Trennung von Joana und Berthold Barluschke. Er erzählt davon, wie sich jemand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlaufen hat in seiner Sehnsucht danach, etwas Besonderes zu sein und dabei erst ein Handlanger des Staatssicherheitsdienstes der DDR und dann des Bundesnachrichtendienstes der BRD geworden ist. Ein Mann im Auftrag wechselnder Ideologien, deren Ziele er sich nicht erinnert. Der, was er für sein Leben hält, zur Legende verklärt. Ein Agent. Ein Mann, der, als die Geschäfte erledigt sind und er nicht mehr gebraucht wird, eine Kamera auf seine Familie richtet wie eine Waffe. Eine Kamera, die kalt notiert. Berthold Barluschke, dessen Frau Joana immer noch hofft, die Familie werde eines Tages wieder beisammen sein und daß etwas Positives aus allem herauskomme. Ich habe die Kamera in den Raum gestellt und einfach laufen lassen. Um irgendwelche Gespräche aufzunehmen. Im Grunde eine Art Bestandsaufnahme oder Momentaufnahme. Schön, wenn man Bild und Ton hat. Bertold Barluschke (Ö Filmproduktion)
„Barluschke ist intelligent und eitel, ein genialer Selbstdarsteller und geschickter Versteller, also mit den besten Voraussetzungen für einen exzellenten Spion versehen. (…) Barluschke kam in der Welt herum und hat sich schon vor der Wende gewendet. Er versucht auch, diesen Film zu beherrschen. Aber seine Existenz ist brüchig… Die psychologische Studie eines Stasi-Auslandsagenten und seiner Familie.“ (Berlinale 1998)
„Der Fall Barluschke – eine Allegorie auf die Zerstörung des Individuums als Folge der Abwesenheit von Moral. Heise baut dieses Gleichnis mit kühler, entlarvender Gnadenlosigkeit. Und fügt einen Epilog trügerischer Illusionen an: (…). Die Beschwörung einer idyllischen Vergangenheit, Selbstbetrug als Lebenselixier – ein spannendes, schillerndes, bitteres Psychogramm.“ (Ralf Schenk, Filmdienst)