BOGDAN’S JOUR­NEY // BOGD­ANS REISE

JFBB Sek­ti­on: BRUCH ODER KON­TI­NUI­TÄT? “ANTI­ZIO­NIS­MUS” UND ANTI­SE­MI­TIS­MUS IM SOZIA­LIS­MUS UND DANACH. TEIL II: ANTI­SE­MI­TIS­MUS IM POSTSOZIALISMUS

Michal Jas­kul­ski, Law­rence Loewin­ger, PL/US 2016, 90 min, OmU (Eng­lisch + Deutsch), Dokumentarfilm

Ori­gi­nal­spra­che: Pol­nisch, Eng­lisch, Hebräisch

Das anti­se­mi­ti­sche Pogrom von 1946 in Kiel­ce wür­den vie­le Einwohner*innen der mit­tel­pol­ni­schen Stadt gern ver­ges­sen. Aber der Psy­cho­lo­ge Bog­dan Białek reißt die alten Wun­den auf, um eine Auf­ar­bei­tung zu ermög­li­chen. Der Film beglei­tet ihn, wäh­rend er mit inne­ren und äuße­ren Wider­stän­den kämpft.

Das größ­te Pogrom im Nach­kriegs­po­len fand am 4. Juli 1946 in Kiel­ce statt. Damals wur­den über 40 Über­le­ben­de der Sho­ah getö­tet und 80 wei­te­re ver­letzt, von den Men­schen in Kiel­ce. Im kom­mu­nis­ti­schen Polen wur­de das Mas­sa­ker tot­ge­schwie­gen – aber es wur­de nie vergessen.

Nach 1989 beginnt der Jour­na­list und Psy­cho­lo­ge Bog­dan Białek, offen über die Ereig­nis­se zu spre­chen. Mit gro­ßem Enga­ge­ment bringt er in jah­re­lan­ger Klein­ar­beit die Einwohner:innen sei­ner Hei­mat­stadt dazu, sich ihrer Ver­gan­gen­heit zu stel­len. Mit immer mehr Ver­bün­de­ten kämpft er gegen das Ver­drän­gen und Vor­ur­tei­le, initi­iert Bil­dungs­in­itia­ti­ven und knüpft Ver­bin­dun­gen zwi­schen den heu­ti­gen Einwohner:innen von Kiel­ce sowie Jüdin­nen und Juden, die frü­her hier lebten.

Über zehn Jah­re lang doku­men­tier­ten ein pol­nisch-katho­li­scher und ein ame­ri­ka­nisch-jüdi­scher Regis­seur Białeks Bemü­hun­gen, „die Wahr­heit mit Lie­be aus­zu­spre­chen“. Mit der Doku­men­ta­ti­on zahl­rei­cher Bürger:innendiskussionen wird der Film auch zu einem wich­ti­gen Zeit­do­ku­ment: Wie hat sich die Sicht auf die Ereig­nis­se ver­än­dert, wel­che Emo­tio­nen kom­men zwi­schen Ver­drän­gung und Ver­ant­wor­tung auf und wel­che Nar­ra­ti­ve ent­ste­hen in die­sem Spannungsfeld?

Text: Rai­ner Mende