Deutschland / Bulgarien 2020, 97 min, bulgarische Originalfassung mit dt. UT
In dem bulgarischen Bergdorf Pirin geht die Sage um, dass ein Drache namens Gincho für das Verschwinden der jungen Frauen verantwortlich sein soll. Fast nur Alte leben noch in dem Ort ohne Arzt und Priester, dessen viele leerstehende Häuser allmählich von der Natur verschluckt werden. Doch der umtriebige Bürgermeister hat den Glauben an die Zukunft nicht aufgegeben. Er möchte Pirin in eine touristische Attraktion verwandeln – und versucht nebenbei, im Internet eine Frau zu finden. (Filmfestival Max Ophüls Preis 2022)
“Lange Einstellungen, ein exzellentes Gefühl für Raum und Zeit und ein objektiver und doch empathischer Blick kennzeichnen das Dokumentarfilmdebut der deutsch-bulgarischen Regisseurin Eliza Petkova. (…) Sie berichtet in dieser fein kadrierten Direct-Cinema-Hommage an ein aussterbendes Dorf ohne erhobenen Zeigefinger von den Mühen und Freuden von Menschen, deren Lebenswege sich tief in ihre manchmal müden und doch Lebensfreude ausstrahlenden Gesichter eingeprägt haben.” (Auszug aus der Jury-Begründung, Filmfestival Max Ophüls Preis 2022)
“Uns hat die gelungene Zusammenarbeit von Regie und Bildgestaltung beeindruckt. Man merkt, dass hier ein Team am Werk ist, das einander vertraut und eine gemeinsame künstlerische Sprache entwickelt hat. Es ist bereits der fünfte Film, den Constanze Schmitt gemeinsam mit Eliza Petkova realisiert hat. Die Arbeit ist stets respektvoll, achtsam, unaufdringlich und ruhig, wird von einer großen Nähe, Wärme und Empathie gegenüber den Protagonist*innen getragen.
Der Titel BÜRGERMEISTER, SCHÄFER, WITWE, DRACHE zählt die wichtigsten Akteure einer immer mehr verschwindenden Gesellschaft in dem bulgarischen Bergdorf Pirin auf. Die seit Jahrhunderten gelebte Tradition verstummt allmählich, und die Natur verschluckt die leer stehenden Häuser der ehemaligen Dorfbewohner. Auch wenn die meisten gegangen sind, interessiert sich dieser Film für die dort Gebliebenen. Die Kameraarbeit ist geerdet, verbunden mit der Ruhe und der Langsamkeit der Umgebung. Die wenigen Einstellungen, die mit dem Einsatz einer Handkamera entstanden sind, sind so stabil, dass dies fast unbemerkt bleibt. Extrem präzise Kadrierung und ausgewählte Bildkomposition tragen maßgeblich zur gelungenen Darstellung der Protagonist*innen bei, deren Schicksale berührend sind. Ihre Sehnsüchte und Ängste formen ununterbrochen das an sich routinierte und einfache Leben.
Der Film ist ein durchaus humorvolles Zeitdokument eines besonderen Ortes in Europa, der bald verschwunden sein wird. Er ist ein Porträt von Pirin und seinen faszinierenden Einwohnern. Die Poesie der Bilder, die sich niemals in den Vordergrund drängen, um einen bestimmten Effekt zu erzielen, sondern immer inhaltlich sinnvoll eingesetzt werden, lässt uns eintauchen in diesen märchenhaften, verloren gehenden Ort.” (Jurybegründung, Constanze Schmitt – Preis für die beste Bildgestaltung eines Dokumentarfilms, IFFF 2022)