Das Ham­let Syndrom

SEIN oder NICHT­SEIN in der Ukrai­ne

Polen/​ Deutsch­land 2022, 85 min, Ukrai­nisch | Rus­sisch mit deut­schen UT

Regie: Elwi­ra Nie­wie­ra, Pio­tr Rosołowski

Weni­ge Mona­te vor der Inva­si­on Russ­lands in die Ukrai­ne 2022 neh­men fünf jun­ge Frau­en und Män­ner an einer ein­zig­ar­ti­gen Thea­ter­in­sze­nie­rung teil. Dar­in ver­su­chen sie, ihre Kriegs­er­fah­run­gen mit Shake­speares Thea­ter­stück Ham­let in Bezie­hung zu set­zen. Die Büh­ne ist eine Platt­form, auf der sie ihre Trau­er und Trau­ma­ta anhand der berühm­ten Fra­ge ‚Sein oder Nicht­sein‘ reflek­tie­ren kön­nen – ein Dilem­ma, wel­ches sich in ihrem Leben wider­spie­gelt. Die Prot­ago­nis­ten kämp­fen an gegen Ent­täu­schung, Ohn­macht und Wut. Sie ver­su­chen, ihr Leben wie­der auf­zu­räu­men und gleich­zei­tig die schmerz­haf­te Ver­gan­gen­heit zu ver­ar­bei­ten: SLA­VIK, der als Sol­dat durch die Höl­le des Krie­ges und der Gefan­gen­schaft gegan­gen ist, KAT­YA, die sich nach der Ver­ge­bung ihrer Mut­ter sehnt, weil sie in den Krieg zog, RODI­ON, der aus dem Don­bas geflo­hen ist und nun mit wach­sen­der Homo­pho­bie kon­fron­tiert ist, ROMAN, der immer noch mit den trau­ma­ti­schen Erin­ne­run­gen als Sani­tä­ter auf dem Schlacht­feld kämpft, und OXA­NA, die ein­fach nur ver­ges­sen und das Land ver­las­sen will. Die Pro­ben für das Stück wer­den mit einem inten­si­ven Ein­blick in das Leben der Prot­ago­nis­ten kom­bi­niert: ein kraft­vol­les Por­trät einer Genera­ti­on, die mit dem Trau­ma des Krie­ges zurecht­zu­kom­men ver­sucht, was nach dem Ein­marsch Russ­lands in die Ukrai­ne nun auch ihre Gegen­wart und Zukunft prägt.

„Am Bei­spiel des Films DAS HAM­LET SYN­DROM wird deut­lich, wie sich das Leben in der heu­ti­gen Rea­li­tät mit Thea­ter und Film ver­schränkt und wie sich Tra­gö­di­en wie der Krieg nicht mehr nur auf der Büh­ne abspie­len, son­dern neben uns. DAS HAM­LET SYN­DROM spielt zum Teil eine the­ra­peu­ti­sche Rol­le sowohl für die Autoren als auch für das Publi­kum, indem es unse­re Ängs­te und Zwei­fel ange­sichts des Alp­traums Krieg auf­zeigt. Ham­lets ‚Sein oder nicht sein‘ in einer Zeit, in der in Euro­pa Krieg herrscht und täg­lich unschul­di­ge Men­schen ster­ben, ändert sei­ne Bedeu­tung. Der Film von Elwi­ra Nie­wie­ra und Pio­tr Rosłow­ski ist in gewis­ser Wei­se ein Psy­cho­dra­ma, das uns hel­fen kann, uns ange­sichts der Ohn­macht gegen­über der Grau­sam­keit oft selbst zu ver­lie­ren. Dank des Inter­nets und der Mobil­te­le­fo­nie wis­sen wir fast alles über den rus­sisch-ukrai­ni­schen Krieg, wir sehen die Hel­den von Azow­s­tal auf unse­ren Smart­pho­ne- und Com­pu­ter­bild­schir­men, aber wir kön­nen ihnen nicht hel­fen. Es stellt sich die Fra­ge, wie man wei­ter­le­ben kann, um kei­ne Gewis­sens­bis­se zu haben. DAS HAM­LET SYN­DROM hat die Jury und das Publi­kum des Kra­kau­er Fes­ti­vals so sehr bewegt, dass es mit dem höchs­ten Preis des Fes­ti­vals, dem Gol­de­nen Laj­ko­nik, aus­ge­zeich­net wur­de.“ (Aga­ta Lewan­dow­ski zum 62. Kra­kau­er Film­fes­ti­val, polo​nia​vi​va​.eu)