Die Wein­ern­te გიორგობისთვე

Geor­gi­sche SSR 1966, 91 min, geor­gi­sche Ori­gi­nal­fas­sung mit eng­li­schen UT

Regie: Otar Iosseliani 

Niko hat gera­de die Schu­le been­det und lebt mit sei­ner Mut­ter, Groß­mutter und den bei­den klei­nen Schwes­tern in Tif­lis. Der Berufs­ein­stieg in eine Wein­ko­ope­ra­ti­ve kon­fron­tiert ihn auf unan­ge­neh­me Wei­se mit der Welt der Erwach­se­nen: Um den Plan zu erfül­len, wird Wein schlech­ter Qua­li­tät abge­füllt, und Niko muss erken­nen, dass er der Ein­zi­ge ist, der sich der Pra­xis wider­setzt. Auch die ers­te Lie­be zu einer Kol­le­gin ist des­il­lu­sio­nie­rend. Mari­na amü­siert sich ledig­lich über Nikos „Nai­vi­tät”. Ios­se­lia­nis Debüt ist nicht nur ein Film übers Erwach­sen­wer­den, es ist vor allem eine Hym­ne an die­je­ni­gen, die sich in einer Welt der Anpas­sung und des Prag­ma­tis­mus behaup­ten und sich nicht kor­rum­pie­ren lassen.

„Der ers­te abend­fül­len­de Spiel­film führt ein Leit­mo­tiv von Ios­se­lia­nis Werk im Titel: GIORGO­BIST­VE / LIS­TOPAD han­delt von einem jun­gen Idea­lis­ten, der zu ver­hin­dern ver­sucht, dass man schlech­ten Wein abfüllt. Für Otar Ios­se­lia­ni erfüllt Wein kei­ne gas­tro­no­mi­sche, son­dern eine spi­ri­tu­el­le Funk­ti­on. ‚Des­we­gen ist das Wein­trin­ken in mei­nen Fil­men auch so wich­tig. Es bringt Men­schen zusam­men, es hilft ihnen, etwas Neu­es zu ent­de­cken – viel­leicht auch das Glück.‘“ (Arse­nal – Ios­se­lia­ni Retro­spek­ti­ve 2012)

„LIS­TOPAD begrün­de­te Ios­se­lia­nis inter­na­tio­na­les Anse­hen und das des geor­gi­schen Films. LIS­TOPAD ist auf der einen Sei­te spe­zi­fisch geor­gisch. Der Film zeigt doku­men­ta­risch gese­he­nes All­tags­le­ben aus Tbi­lis­si, und er beginnt mit einer fast traum­haf­ten, musi­ka­lisch kom­po­nier­ten Bil­der­fol­ge von der Wein­ern­te auf dem Land. Auf der ande­ren Sei­te lie­fert Ios­se­lia­ni eine Sati­re gewis­ser Erschei­nun­gen des sowje­ti­schen All­tags­le­bens. In einem Wein­kom­bi­nat herrscht der Schlen­dri­an. Der Plan wird über­erfüllt, indem man unrei­fen Wein abfüllt; der Direk­tor spielt den gan­zen Tag Bil­lard. Die Arbei­ter des Kom­bi­nats ergrei­fen die Flucht, wenn man ihnen in einem Wein­lo­kal ihren eige­nen Wein vor­setzt. Ein jun­ger Inge­nieur, der neu in das Kom­bi­nat kommt, lehnt sich gegen die Miss­wirt­schaft auf. Iro­nisch poin­tiert wird die Beschrei­bung die­ser rück­stän­di­gen Ver­hält­nis­se durch Sta­tis­ti­ken aus dem Rund­funk über Plan­erfül­lung und Pro­duk­ti­ons­er­hö­hung. Der Film ist jedoch nicht nur eine Sati­re auf die Arbeits­ver­hält­nis­se, son­dern gleich­zei­tig eine sub­ti­le Cha­rak­ter­stu­die des jun­gen Inge­nieurs.“ (Ulrich Gre­gor, in: Geschich­te des Films ab 1960, Mün­chen 1978)