JFBB Sektion: BRUCH ODER KONTINUITÄT? “ANTIZIONISMUS” UND ANTISEMITISMUS IM SOZIALISMUS UND DANACH. TEIL II: ANTISEMITISMUS IM POSTSOZIALISMUS
BETWEEN THE DITCHES AND RAMPARTS
Viktor Portel, CZ 2024, 38 min, OmU (Englisch + Deutsch)
Originalsprache: Tschechisch
Kein Ort in Tschechien ist so sehr von der Shoa geprägt wie Theresienstadt. Manche wollen diese Vergangenheit hinter sich lassen – schließlich waren es ja „nur vier Jahre“. Doch dieses absichtliche Vergessen hat nicht geholfen, dem Ort neues Leben einzuhauchen.
Es ist eine kontemplative Reise durch eine trostlose Gegenwart und in das Verhältnis der tschechischen Gesellschaft zu ihrer jüdischen Geschichte. Manche Menschen, die hier wohnen, meinen, ab und zu „Gespenstern“ zu begegnen. Andere, darunter der Bürgermeister, würden der Vergangenheit und dem Gedenken daran lieber ausweichen. Der einsame Spaziergänger, der uns in dem Film durch die Stadt führt, die über einige Jahre zum Ghetto wurde, reflektiert, dass nach dem Zweiten Weltkrieg kaum noch jemand über die jüdischen Opfer in dem ehemaligen Konzentrationslager gesprochen hat. Im Kalten Krieg dominierte das Narrativ der Sozialist:innen, dass mit dem Faschismus auch der Antisemitismus ausgerottet wurde. Als Opfer wurden vor allem kommunistische Gefangene verstanden. Damit wäre in Tschechien der Faden zur jüdischen Geschichte des Landes gerissen.
Regisseur Victor Portel über seinen Film: „Im Rahmen der Nichtregierungsorganisation ‚Memory of the Nations‘ haben wir viele Zeitzeug:innenberichte gefilmt und eine Reihe von Dokumentarfilmen für das tschechische Fernsehen erstellt, die sich mit dem Schicksal der jüdischen Gemeinschaft befassen. Dieser Film ist jedoch mein erster eigener Dokumentarfilm, in dem ich mich dem Thema aus einer persönlichen Perspektive nähere und nicht nur die Vergangenheit von Theresienstadt erforsche, sondern auch, wie wir sie heute sehen.“
Text: Produktionsmitteilung / Bearbeitet und ausgeführt von Bernd Buder
THE COMMUNITY
Alex Osmolovsky, IL/UA 2025, 64 min, OmU (Englisch + Deutsch), Dokumentarfilm
Originalsprache: Ukrainisch, Russisch
Wie geht es den jüdischen Communities in der Ukraine heute, zwischen Bomben und Nazismus-Vorwürfen aus Russland? Eine Bestandsaufnahme aus einem Land, in dem der Krieg die Normalität definiert. Und der Antisemitismus sich heute europaweit auf dem im Vergleich niedrigsten Niveau befindet, sagen die Protagonist*innen in Alex Osmolovskys Dokumentarfilm.
Von dem üppigen jüdischen Leben ist in der Ukraine nach der Shoa, antisemitischen Kampagnen in der Sowjet-Ära und der Ausreisewelle in den 1990er-Jahren nur wenig übriggeblieben. Die verbliebenen jüdischen Gemeinden, divers wie immer, sind unter dem Druck des russischen Angriffskrieges zusammengerückt, wie die gesamte Gesellschaft. Alex Osmolovsky, selber ukrainisch-stämmig, kehrt zu Purim in die Ukraine zurück und dreht dort zwei Jahre lang – die persönliche Beobachtung eines Ausnahmezustands, der mit Resilienz ertragen und mit Leidenschaft gelebt wird. Zwischen den Schatten der Vergangenheit und den Herausforderungen der Gegenwart, zwischen Alltag, Synagoge und dem Dienst in einer jüdischen Einheit der ukrainischen Armee, lassen uns seine Protagonist:innen an der jüdischen Erfahrung in der heutigen Ukraine teilhaben. Eine Erfahrung, vor deren Hintergrund die Nazismus-Vorwürfe aus dem Kreml zu dem werden, was sie sind: bloßer Hohn.
Der Regisseur über seinen Film: „THE COMMUNITY zeigt die Stärke und Widerstandsfähigkeit der vielfältigen jüdischen Gemeinschaft der Ukraine, die sich durch die Härten des Krieges kämpfen muss. Anhand von persönlichen Geschichten und Interviews mit einer Reihe von Persönlichkeiten zeigt der Film ihre wesentliche Rolle im Kampf der Ukraine und erforscht ihre Erfahrungen inmitten von Nazivorwürfen, die einen Schatten auf das Land geworfen haben. Als Regisseur des Films und jemand, der die Ukraine einst seine Heimat nannte, kehrte ich zurück, um mir ein Bild von dieser gewaltigen Realität zu machen und zu verstehen, warum die jüdische Gemeinschaft die Ukraine trotz allem weiterhin als ihre Heimat ansieht.“ (Zitat: Pressematerial des Weltvertriebs)
[Engl. Originalzitat]: ”THE COMMUNITY captures the strength and resilience of Ukraine’s diverse Jewish community as they navigate the hardships of war. Through personal stories and interviews with a range of characters, the film reveals their essential role in Ukraine’s struggle and explores their experiences amidst accusations of Nazism that have cast a shadow over the nation. As the film’s director and someone who once called Ukraine home, I returned to witness this powerful reality firsthand, seeking to understand why, despite everything, the Jewish community continues to see Ukraine as their home.“ (Quote: press material of world distribution)
Text: Bernd Buder