Portugal / Deutschland 2018, 82 min Moldau/Transistrien
Russisch | Rumänisch | Ukrainisch mit deutschen Untertiteln
Regie: Salomé Lamas
„Was ist das Schachbrett Stalins? Er hat die Nationen so umgesiedelt, durchmischt und durcheinandergewürfelt, dass man heute keinen mehr vom Fleck bewegen kann, ohne einen anderen zu verdrängen, ihm Unrecht zu tun. Es gibt sechsunddreißig und vielleicht noch mehr Grenzkonflikte. Da hast du das Schachbrett Stalins, unser größtes Unglück“. (Filmzitat *)
Die Konflikte um nationalstaatliche Souveränitäten von post-Sowjetrepubliken haben sich in den vergangenen Jahren als gewaltgesättigt und kaum zu schlichten herausgestellt. Entstanden während der Annexion der Krim durch Russland, verhandelt EXTINCTION diese geopolitischen Lagen ausgehend vom nicht De-facto-Regime Transnistrien genauso wie deren unmittelbaren Effekte, die in individuelle Erfahrungsräume und Biografien hineinreichen und fluide nationale Identitäten hervorbringen.
Im Zentrum des Films steht der junge Kolya, dessen Solidarität voll und ganz Transnistrien gilt, das sich Anfang der 1990er Jahre von der Republik Moldau unabhängig machte, das allerdings – von der internationalen Staatengemeinschaft unbeachtet – offiziell nicht anerkannt wird und dessen Einwohner*innen mittlerweile große Russland-Sympathien hegen. In schwarz-weiß Bildern und mit einem freien, traumähnlichen Erzählmodus begleitet der Film Kolya zu Sowjetarchitekturen – steingewordene Utopien, die heute nicht mehr an gesellschaftlichen Fortschritt mahnen, sondern nur noch an das Vergehen der Zeit erinnern. Begegnungen mit rumänischen, ukrainischen und moldauischen Grenzsoldaten erzeugen eine surreale Atmosphäre, die durch die Tonspur zusätzlich intensiviert wird: beunruhigende Avantgarde-Orchestrierungen wechseln mit düsterem Drone-Sound. Dazu immer wieder Worte und Gedanken, die alle nationalstaatlichen Konstrukte transzendieren. (gegenkino.de)
„Ich habe kein leichtes Verhältnis zu Grenzen. Sie ängstigen und nerven mich. Mehrfach schon wurde ich durchsucht, eingeschüchtert, aufgehalten, nur weil ich es gewagt hatte, ein paar Meter Land zu durchqueren. Grenzen sind bürokratische Verwerfungslinien, autoritär und unfreundlich. Ihre Existenz wird oft von Geographie-Experten kritisiert, die sie als feindliche Akte des Ausschließens ansehen. Und dennoch: wohin würden wir in einer grenzenlosen Welt flüchten? Welcher Ort wäre dafür würdig?“ (Salomé Lamas)
* Dieses und andere Zitate im Film sind dem Buch „Imperium“ von Ryszard Kapuściński (1993) entnommen.
DREHORTE 2014–2016
Bulgarien: Shumen, Varna, Buzludzha
Portugal: Lisboa, Porto
Moldau: Chișinău
P.M.R.: Rîbniţa, Tiraspol, Lenin, Bendery, Dubăsari
Deutschland: Berlin
Rumänien: Constanţa
GRENZPOSTEN
Chișinău, Moldau – Dubăsari, P.M.R.
Cahul, Moldau – Oancea, Rumänien
Călărași, Rumänien – Silistra, Bulgarien
Kuchugan, P.M.R. – Pervomarisk, Ukraine
Rezina, Moldau – Rîbnița, P.M.R