Godi­na pro­đe, dan nika­ko (A Year of End­less Days)

Kroa­ti­en / Qatar 2024, 70 min, kroa­ti­sche Ori­gi­nal­fas­sung mit deut­schen UT

Regie: Rena­ta Lučić

Rena­ta Lučić, zugleich Regis­seu­rin und Prot­ago­nis­tin, kehrt in ihren Hei­mat­ort zurück. In dem klei­nen Dorf im kroa­ti­schen Teil-Sla­wo­ni­ens, nahe der bos­ni­schen Gren­ze, besucht sie ihren Vater. Die länd­li­che Gegend am Ufer des Flus­ses Sava, „die­se end­lo­sen Wie­sen und Gär­ten“ habe sie schon immer gehasst, ver­rät sie gleich in der ein­füh­ren­den Sequenz. Schon als Kind wuss­te sie, dass sie weg­ge­hen wür­de. Wie ihr älte­rer Bru­der, wie ihre Mut­ter. Und wie 124.667 ande­re Frau­en, die nach dem Krieg in den 1990er Jah­ren „in den Wes­ten“ gin­gen, meist nach Deutsch­land und Öster­reich, um zu arbei­ten – und nie wie­der­zu­kom­men. In der kaum noch bewohn­ten und frau­en­lo­sen Ort­schaft hängt sie nun mit ihrem ihr fremd gewor­de­nen Vater Tomis­lav und sei­nem bes­ten Freund Joso her­um. Die Män­ner fol­gen ihren Rou­ti­nen, sie arbei­ten im Wald oder essen den Fluss­fisch, den sie selbst gefan­gen haben. In zunächst belang­los wir­ken­den All­tags­ge­sprä­chen bil­det sich nach anfäng­li­chen Miss­ver­ständ­nis­sen und trotz deut­lich unter­schied­li­cher Welt­bil­der zuneh­mend eine emo­tio­na­le Nähe und Ver­traut­heit. Das Film­pro­jekt, das als Geschich­te einer Aus­wan­de­rung anfing, wird mehr und mehr zur ein­fühl­sa­men Stu­die über Ein­sam­keit, zwi­schen­mensch­li­che Bezie­hun­gen, Freund­schaft und Lie­be; über die Schön­heit der klei­nen Din­ge, die zu grö­ße­ren Erkennt­nis­sen führt – nicht nur für Rena­ta. (Bor­ja­na Gako­vić, DOK Leip­zig 2024)

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ČVOR / DER KNO­TE­PUNKT

JU 1970 (Zagreb Film), 11 min, OmeU

R: Krs­to Papić           

Auf dem modern aus­ge­stat­te­ten Bahn­hof in Vin­kov­ci, einem der größ­ten Eisen­bahn­kno­ten­punk­te im sozia­lis­ti­schen Jugo­sla­wi­en, ver­sam­meln sich auch Men­schen mit einem weni­ger glück­li­chen Schick­sal: ent­las­se­ne Arbei­ter, Tage­löh­ner, Men­schen, die kei­ne Mög­lich­keit zum Stu­di­um hat­ten und des­halb kei­ne Arbeit fin­den kön­nen… Der Ver­fil­mung ihrer Aus­sa­gen wider­setzt sich ein uni­for­mier­ter Mit­ar­bei­ter des Bahn­hofs, der den Regis­seur beharr­lich auf die guten Sei­ten des Lebens an sei­nem Bahn­hof hinweist.

DER­NEK / DAS FEST

JU 1975 (Zagreb Film), 12 min, ohne Dialog

Regie: Zor­an Tadić                        

Zwi­schen dem 31. Okto­ber und dem 2. Novem­ber fährt ein jun­ger Mann mit dem Auto von Mün­chen nach Pri­sik bei Aržan, nimmt am Dorf­fest teil und kehrt zur Arbeit nach Deutsch­land zurück.

„Der Film zeigt das Wochen­en­de eines frisch­ge­ba­cke­nen Gast­ar­bei­ters in sei­nem Hei­mat­dorf zu Aller­hei­li­gen. Es ist ein Fei­er­tag, den die Dorf­be­woh­ner tra­di­tio­nell mit einem Besuch der Kir­che, aber auch mit einem Dorf­fest bege­hen. (…) Der Prot­ago­nist ist ein abtrün­ni­ger Mensch, der dem gewohn­ten Arka­di­en nicht ver­traut und beschließt, es zuguns­ten eines vol­le­ren Magens zu ver­las­sen. Den­noch kann er nicht auf­hö­ren, an sei­ne Hei­mat zu den­ken (…). In DER­NEK webt Tadić ein Geflecht des länd­li­chen Kroa­ti­ens, eigent­lich nur die ulti­ma­ti­ve Fik­ti­on, näm­lich die infan­ti­le Fan­ta­sie eines nai­ven Prot­ago­nis­ten, der die gan­ze Nacht durch den Schlamm sei­nes Hei­mat­dor­fes tram­pelt. Fik­tio­nen, ins­be­son­de­re Mär­chen, wer­den von sen­si­blen See­len wie ihm drin­gend benö­tigt, um die Grau­sam­keit des All­tags zu über­le­ben. Erstaun­li­cher­wei­se hat Zor­an Tadić im Gegen­satz zu Krs­to Papić nie den Pri­mi­ti­vis­mus und die unaus­rott­ba­re Gewalt­be­reit­schaft die­ses Kli­mas ange­pran­gert. Im Gegen­teil, er bau­te dar­aus beharr­lich eine poe­ti­sier­te, inni­ge Uto­pie. (Viš­nia Pen­tić Vukašinović)

HALO MÜN­CHEN / HAL­LO, MÜN­CHEN

JU 1968 (Zagreb Film), 12 min, OmeU

Regie: Krs­to Papić                                

Das Hin­ter­land Dal­ma­ti­ens, „Land der Stei­ne und der Armen“, Land der Aus­wan­de­rung. Die Post kommt aus aller Welt und zeugt von frü­he­ren Wel­len der Emi­gra­ti­on. 1968 jedoch, im Jahr der Unter­zeich­nung des Anwer­be­ab­kom­mens zwi­schen Jugo­sla­wi­en und der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, keh­ren Män­ner in ihren Autos in die Dör­fer zwi­schen den Ber­gen zurück. In ihren grau melier­ten Män­teln ste­chen sie aus der schlicht geklei­de­ten Land­be­völ­ke­rung her­vor, auf den Märk­ten ver­kau­fen sie mit­ge­brach­te Elek­tro­ge­rä­te. Ein Leh­rer blickt sei­nen Schüler:innen nach, die einem Opel Rekord hin­ter­her­lau­fen. Die mate­ri­el­len Ver­hei­ßun­gen der Emi­gra­ti­on ver­än­dern den Blick auf das Leben in den Dör­fern. In einer Kom­bi­na­ti­on doku­men­ta­ri­scher und insze­nier­ter Sze­nen zeigt Krs­to Papić die Ver­än­de­run­gen in den Her­kunfts­ge­mein­schaf­ten kroa­ti­scher Arbeitsemigrant:innen. (Fabi­an Tiet­ke, Dia­go­na­le 2024)