JFBB Sektion: BRUCH ODER KONTINUITÄT? “ANTIZIONISMUS” UND ANTISEMITISMUS IM SOZIALISMUS UND DANACH
IDA
Paweł Pawlikowski, PL 2013, 80 Min, Spielfilm, OmdU
Sprachfassung: Polnisch
Die junge Novizin und Vollwaisin Anna erfährt kurz vor ihrem Gelübde, dass sie eigentlich Ida heißt und jüdischer Abstammung ist. Auf einer Reise erforscht sie nicht nur ihre eigene, sondern auch einen Teil polnischer Geschichte. IDA erhielt 2014 den Europäischen Filmpreis und 2015 den Oscar als bester fremdsprachiger Film.
Annas einzige verbliebene Verwandte, die desillusionierte ehemalige Staatsanwältin Wanda, fährt mit ihr an den Ort, wo sie als Kind mit ihrer Familie lebte. Bevor sie in die Obhut der Nonnen gelangte, waren sie und ihre Familie dort von nichtjüdischen Nachbarinnen vor den Nazis versteckt worden. Bald jedoch keimt die Vermutung auf, dass ihre Verwandten nicht von deutschen Nazis, sondern von Polinnen ermordet wurden.
Pawlikowski verortete seinen Spielfilm in der Volksrepublik Polen der 1960er-Jahre und passte sie ästhetisch dieser Zeit an – mit schmalem Bildformat, Schwarz-Weiß, sparsamer Tonspur und statischer Kamera. Sein formal schlichter, aber vielschichtiger Oscar-Preisträgerfilm ist schon jetzt ein zeitloser Klassiker, führte in Polen aber auch – ein Jahr nach dem thematisch ähnlich gelagerten Drama „Pokłosie“ („Nachlese“ bzw. „Aftermath“) von Władysław Pasikowski – erneut zu lebhaften Debatten über Antisemitismus, Kollaboration und eine mögliche Beteiligung polnischer Bürger*innen an der Shoah.
Text: Rainer Mende