JFBB Jüdi­sches Film­fes­ti­val Ber­lin Bran­den­burg: QUEEN OF THE DEUCE

JFBB Sek­ti­on: WETT­BE­WERB DOKUMENTARFILM

Vale­rie Kon­ta­kos, GR 2022, 78 min, Doku­men­tar­film
Sprach­fas­sung: Eng­lisch, Grie­chisch
Unter­ti­tel: Deutsch

Chel­ly Wil­son, Geschäfts­frau grie­chisch-jüdi­scher Her­kunft, lieb­te Män­ner und Frau­en, spiel­te Poker mit Por­no­stars und Mafio­si, trotz­te allen Her­aus­for­de­run­gen ihres Lebens – und war Herr­sche­rin über ein Impe­ri­um von Por­no­ki­nos im Man­hat­tan der 1970er Jahre.

Chel­ly Wil­son fei­er­te Weih­nach­ten über einem Por­no­ki­no mit ihrer Fami­lie und zahl­rei­chen Freundinnen: „Sie hielt Hof wie eine Mafia­pa­tin“, erin­nert sich ihr Enkel. Die Ein­wan­de­rin aus Grie­chen­land hat­te es von einer Kiosk­ver­käu­fe­rin zur erfolg­rei­chen Geschäfts­frau gebracht, leb­te den ame­ri­ka­ni­schen Traum. Sie war auf­brau­send, gebie­te­risch, aber auch char­mant und groß­zü­gig und kann­te vie­le ein­fluss­rei­che Men­schen. Doch selbst Chel­lys jüngs­te Toch­ter wuss­te lan­ge nicht, dass die von allen respek­tier­te Matri­ar­chin eine sephar­di­sche Jüdin aus Thes­sa­lo­ni­ki war, in Wirk­lich­keit Rachel Sere­ro hieß und dem Holo­caust nur knapp ent­kom­men war. Regis­seu­rin Vale­rie Kon­ta­kos schil­dert anhand von Wochen­schau­en, Home­vi­de­os, Ani­ma­ti­ons­se­quen­zen und mit­hil­fe der Aus­sa­gen von Chel­lys Töch­tern, Enkelinnen und Bekann­ten ihr ereig­nis­rei­ches Leben. So beginnt die Doku­men­ta­ti­on mit dem Bild der erfolg­rei­chen Geschäfts­frau, begibt sich jedoch bald auf die Spu­ren einer sephar­di­schen Jüdin im 20. Jahr­hun­dert, deren Leben ent­lang einer arran­gier­ten Ehe, fami­liä­rer Hier­ar­chien, dem Stre­ben nach Frei­heit und Auto­no­mie, den Ver­pflich­tun­gen einer Mut­ter und den Aus­wir­kun­gen der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ver­fol­gung alles ande­re als gerad­li­nig ver­lief. Chel­ly Wil­son bau­te sich in Man­hat­tan erfolg­reich eine neue Groß­fa­mi­lie auf, litt jedoch auch an dem Über­le­bens­schuld-Syn­drom. In den USA genoss sie alle ihre Frei­hei­ten, ließ sich nicht bevor­mun­den und teil­te ihr Leben mit ihrem Ehe­mann und etli­chen Lieb­ha­be­rin­nen. Ein­bli­cke in eine kom­ple­xe Fami­li­en­ge­schich­te, aber auch in die fas­zi­nie­ren­de Sub­kul­tur der Ero­tik- und Por­no­film­sze­ne im New York City der 1960er und 1970er. Chel­ly Wil­son zeig­te sie in ihren Kinos auf der 42nd Street, in dem so ver­ruch­ten wie vibrie­ren­den Vier­tel mit dem Spitz­na­men „The Deuce“.

Text: Kira Taszman