Land­s­haft / Լանդշաֆտ

Deutsch­land 2023, 97 min, arme­ni­sche Ori­gi­nal­fas­sung mit deut­schen UT

Regie: Dani­el Köt­ter                               Preis der deut­schen Film­kri­tik 2023

In Form einer Rei­se im Osten Arme­ni­ens folgt Dani­el Köt­ters kon­tem­pla­ti­ve doku­men­ta­ri­sche Arbeit mensch­li­chen und nicht-mensch­li­chen Akteu­ren vom Sewan See bis zur seit dem Kara­bach-Krieg 2020 aser­bai­dscha­nisch kon­trol­lier­ten Sotk-Gold­mi­ne. LAND­S­HAFT ent­wirft die Psy­cho­geo­gra­phie einer geo­po­li­tisch auf­ge­la­de­nen Gegend und ihrer Bewoh­ner zwi­schen Extrak­ti­vis­mus, Krieg und Ver­trei­bung. – Im Sep­tem­ber 2023 eska­lier­te der Kon­flikt zwi­schen Arme­ni­en und Aser­bai­dschan um die Regi­on Berg-Kara­bach, als Aser­bai­dschan die selbst­er­nann­te Repu­blik mili­tä­risch ein­nahm und hun­dert­tau­sen­de Arme­ni­er flie­hen mussten.

“Wie sich ein Krieg in die Land­schaft zurück­zieht und sich dort als stum­me geo­po­li­ti­sche For­ma­ti­on abbil­det, wäh­rend die Men­schen ihrem Leben wei­ter nach­ge­hen – davon erzählt in ein­drück­li­chen, aber immer auch respekt­voll Distanz wah­ren­den Bil­dern unser Gewin­n­erfilm. Hier ist nichts embed­ded, hier gibt es kei­ne gro­ßen Ereig­nis­se und höchs­tens einen Auf­ruhr unter den Scha­fen. Auf trü­ge­ri­sche Wei­se scheint sich alles dem Zyklus der Natur unter­zu­ord­nen, wäh­rend der Kon­flikt jeder­zeit wie­der aus­bre­chen kann – so gesche­hen zuletzt im Spät­som­mer 2023. Für sei­ne glei­cher­ma­ßen sub­ti­le wie behut­sa­me Annä­he­rung an die Men­schen und Tie­re, die im von Ber­gen ein­ge­heg­ten arme­nisch-aser­bai­dscha­ni­schen Grenz­ge­biet leben, geht der Preis für den Bes­ten Doku­men­tar­film an Dani­el Köt­ter für sei­nen Film LAND­S­HAFT.“ (Jury­be­grün­dung VdFk, Ver­band der deut­schen Film­kri­tik – Preis­ver­lei­hung 2023)

„Bruch­stück­haft ent­fal­ten sich in LAND­S­HAFT per­sön­li­che Geschich­te und Wis­sen über eine geo­po­li­tisch auf­ge­la­de­ne Gegend. Der eth­no-ter­ri­to­ria­le Kon­flikt zwi­schen Arme­ni­en und Aser­bai­dschan um die gebir­gi­ge Grenz­re­gi­on Berg­ka­ra­bach reicht bis ins 18. Jh. zurück. Doch erst mit dem Zer­fall der Sowjet­uni­on eska­lier­ten die Kämp­fe zu einem Krieg. Nach der Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung des über­wie­gend arme­nisch besie­del­ten Gebiets folg­ten meh­re­re Mili­tär­of­fen­si­ven durch Aser­bai­dschan, zuletzt im Sep­tem­ber 2023. Köt­ters Inter­es­se ist jedoch weni­ger aufs (Ein-)Ordnen aus; eher geht es ihm um die viel­fäl­ti­gen Ver­flech­tun­gen von Land­schaft, Berg­bau, Ver­trei­bung und Krieg. Vehi­kel des Films ist im wört­li­chen Sinn der klapp­ri­ge Lada, der die kar­ge Grenz­land­schaft vom Sewan­see bis zur Gold­mi­ne Sotk durch­misst. (…) Der fil­mi­sche Blick, der oft etwas Maschi­nel­les, Abtas­ten­des hat, ist nicht an mensch­li­che Akteu­re gebun­den. Ein­mal folgt er minu­ten­lang den Stahl­scha­ren eines Kar­tof­fel­p­flugs. LAND­S­HAFT ist ein Film der Distan­zen und extre­men Nah­sich­ten.” (Esther Buss, film​dienst​.de)

„Ent­lang der ent­stan­de­nen Trenn­li­nie zwi­schen Aser­bai­dschan und Arme­ni­en taucht Köt­ter in die wei­te, unde­fi­nier­te, grün-gräu­li­che Land­schaft ein. Zwi­schen den Hügeln weni­ge Häu­ser, wäh­rend er dem Weg einer Schaf­s­her­de folgt. Tie­re ken­nen kei­ne Gren­ze, sagt ein­mal der Schä­fer, sei­ne Her­de wür­de stän­dig die grü­ne Gren­ze über­tre­ten. Auf einem Hügel geparkt: Schwe­res Pan­zer­ge­rät des Krie­ges, auf Arme­ni­en gerich­tet. Über­all geht das kar­ge Leben wei­ter. Läm­mer wer­den älter, sau­gen trotz­dem noch an der Mut­ter. Kar­tof­feln wer­den geern­tet, die Knol­len fal­len vom Ket­ten­fuhr­werk, die Frau­en gehen Schritt für Schritt in gebück­ter Hal­tung hin­ter­her, mit ihren Eimern. Irgend­wann ste­hen über­all in der Land­schaft wei­ße, prall gefüll­te Kar­tof­fel­sä­cke.“ (Dun­ja Bial­as, Under­dox 2023)

„Dani­el Köt­ter hat über 50 Stun­den Gesprächs­ma­te­ri­al auf­ge­nom­men und kom­bi­niert die­se Auf­nah­men in sei­nem Film­essay mit ein­drucks­vol­len Bil­dern der Grenz­re­gi­on auf arme­ni­scher Sei­te. Der Film gibt den Men­schen vor Ort eine Stim­me und bespricht die Aus­wir­kun­gen von Krieg und Gewalt, ohne sie zu zei­gen. Trotz der Unsicht­bar­keit des Fein­des, kann die fas­zi­nie­ren­de Wild­heit der majes­tä­ti­schen Land­schaft die poli­ti­schen Span­nun­gen nicht ver­ber­gen.“ (Film­fest Osna­brück 2023)