Mother­land (Радзіма/ Mut­ter­land)

Schwe­den / Ukrai­ne / Nor­we­gen 2023, 92 min, Bela­ru­sisch | Rus­sisch mit deut­schen UT

Regie: Alex­an­der Mihal­ko­vich, Han­na Badziaka

Svet­la­na glaubt nicht, dass ihr Sohn wäh­rend sei­nes Mili­tär­diens­tes Sui­zid began­nen hat, wie es offi­zi­ell heißt. Sie kämpft dafür, dass die Mör­der ihres Soh­nes zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den und die bru­ta­len Schi­ka­nen in der bela­rus­si­schen Armee, denen ihr Sohn zum Opfer gefal­len ist, ein Ende fin­den. Andern­orts in Bela­rus lebt Niki­ta noch bei sei­nem Vater, geht ger­ne mit Freun­den fei­ern und steht kurz vor der Ein­be­ru­fung ins Mili­tär. Wenig spä­ter begin­nen die Pro­tes­te nach der Wie­der­wahl von Alex­an­dr Luka­schen­ko und mit ihnen ihre bru­ta­le Nie­der­schla­gung durch die Staats­macht, sodass Niki­ta selbst, mitt­ler­wei­le Sol­dat, und sei­ne Freun­de sich fra­gen müs­sen: Wem dient das Mili­tär? Wel­che Rol­le hat es in der Gesell­schaft? Alex­an­der Mihal­ko­vich und Han­na Bad­zia­ka geben mit ihrem Film tie­fe Ein­bli­cke in das Inne­re der bela­rus­si­schen Armee, wel­ches von Gewalt und Kor­rup­ti­on bestimmt ist. Gleich­zei­tig beleuch­ten sie das kom­ple­xe Ver­hält­nis zwi­schen Zivil­ge­sell­schaft, Öffent­lich­keit und Staats­ge­walt vor und wäh­rend der Mas­sen­pro­tes­te infol­ge der bela­rus­si­schen Prä­si­dent­schafts­wahl 2020. (goE­ast 2023)

“Bela­rus jen­seits der Nach­rich­ten­bil­der: In nach­denk­li­chen All­tags­sze­nen doku­men­tiert der Film ein Land zwi­schen Auf­be­geh­ren und Resi­gna­ti­on, Früh­lings­er­wa­chen, Som­mer­pro­tes­ten und Win­ter­star­re. Es sind stil­le Bil­der, die hin­ter die Fas­sa­de bli­cken und viel­leicht bes­ser ver­ste­hen hel­fen, wie die­je­ni­gen post­so­wje­ti­schen Gesell­schaf­ten ticken, die den Weg zur Frei­heit nie wirk­lich ein­ge­schla­gen haben. Wer dabei auch an Russ­land und des­sen Aggres­si­on gegen die Ukrai­ne denkt, liegt völ­lig rich­tig, auch wenn die bei­den bela­rus­sisch-ukrai­ni­schen Fil­me­ma­cher sol­che Bezü­ge höchs­tens in Schrift­ta­feln, aber nie in ihrer bei­na­he lyri­schen Visua­li­tät her­stel­len. Gera­de dar­in liegt der Reiz ihrer Doku­men­ta­ti­on: nicht zu bebil­dern, was sowie­so fast jeder im Wes­ten denkt, son­dern ohne didak­ti­sche Vor­ga­ben genau hin­zu­schau­en, um tie­fe­re Ein­sich­ten zu ermög­li­chen.” (Peter Gut­ting, kino​-zeit​.de)

„Von der Ukrai­ne aus, wo MOTHER­LAND ent­schei­den­de Pha­sen sei­ner Fer­tig­stel­lung durch­lief, kann man nur sagen: Dies ist das Sys­tem, aus dem sich das Land befrei­en woll­te, in das der Krieg der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on es zwin­gen will. In einer Situa­ti­on wie der gegen­wär­ti­gen, in der unent­wegt über Marsch­flug­kör­per, Kampf­flug­zeu­ge, Artil­le­rie­pro­duk­ti­on zu reden ist, braucht es auch immer wie­der Ori­en­tie­rungs­mar­ken, die deut­lich machen, wor­um es eigent­lich geht. Bela­rus hat­te seit jeher ein wich­ti­ge Rol­le in die­sem Krieg. MOTHER­LAND macht nun einer­seits deut­lich, wie über­mäch­tig die Gewalt ist, gegen die es nach Stra­te­gien zu suchen gilt.

Er macht ande­rer­seits aber auch Mut, für die Ukrai­ne und für Bela­rus und für das Euro­pa, das nicht genug Anstren­gun­gen unter­neh­men kann, all die Fil­me­ma­cher zu unter­stüt­zen, die wie Alex­an­der Mich­al­ko­witsch und Han­na Bad­zia­ka mit ihren Prot­ago­nis­ten in das Inners­te einer zivi­li­sa­ti­ons­feind­li­chen Welt füh­ren.“ (Bert Reb­handl, faz​.net)