Oxa­na – Mein Leben für Frei­heit (Оксана)

Frank­reich / Ukrai­ne / Ungarn 2024, 103 min, Ukrai­nisch | Rus­sisch | Fran­zö­sisch mit deut­schen UT

Regie: Char­lè­ne Favier 

Ukrai­ne, 2008: Oxa­na und ihre Freun­din­nen bema­len ihre Kör­per mit Paro­len, tra­gen Blu­men­krän­ze und rebel­lie­ren gegen das herr­schen­de poli­ti­sche Sys­tem. So ent­steht FEMEN – eine der ein­fluss­reichs­ten femi­nis­ti­schen Bewe­gun­gen der jüngs­ten Geschichte.

Paris, zehn Jah­re spä­ter: Am Eröff­nungs­tag ihrer Kunst-Aus­stel­lung streift Oxa­na durch die Stadt, trifft auf Lieb­ha­ber, spricht mit einer Jour­na­lis­tin und kämpft um ihren Flücht­lings­sta­tus. Erin­ne­run­gen an ihre furcht­lo­sen Demons­tra­tio­nen holen sie ein. Mit nack­tem Ober­kör­per pro­tes­tier­ten die Frau­en gegen Sexis­mus, Kor­rup­ti­on und Poli­zei­ge­walt und warn­ten schon früh vor pro­rus­si­schen Politikern.

Inspi­riert von der wah­ren Geschich­te der FEMEN-Mit­grün­de­rin Oksa­na Schatsch­ko zeich­net OXA­NA – MEIN LEBEN FÜR FREI­HEIT das bewe­gen­de Por­trät einer Rebel­lin, die zwi­schen Kunst und dem Kampf für die Frei­heit alles ris­kier­te. Oksa­na Schatsch­ko grün­de­te die Bewe­gung FEMEN 2008 in der Ukrai­ne gemein­sam mit Anna Hut­sol und Alek­san­dra Shev­chen­ko. Von Beginn an posi­tio­nier­te sich die Bewe­gung als femi­nis­tisch, poli­tisch und künst­le­risch. Ihre ers­ten Aktio­nen fan­den in ihrer Hei­mat­stadt Chmel­nyz­kyj statt und pran­ger­ten die Kor­rup­ti­on in Kran­ken­häu­sern sowie sexu­el­le Beläs­ti­gung und Ungleich­hei­ten an Uni­ver­si­tä­ten an. Da sich die Medi­en in Kiew kon­zen­trier­ten, zogen die drei Grün­de­rin­nen bald in die Haupt­stadt, um mehr Auf­merk­sam­keit zu erlan­gen. 2009 ent­stand das iko­ni­sche Sym­bol der Bewe­gung: Wäh­rend einer Demons­tra­ti­on in Kiew ent­hüll­te Oksa­na Schatsch­ko erst­mals ihre Brust, ein Akt, der die Iden­ti­tät der Grup­pe präg­te.  Die­se Form des Pro­tests soll­te nicht nur Auf­merk­sam­keit erre­gen, son­dern auch ein star­kes State­ment gegen patri­ar­cha­le Struk­tu­ren und gesell­schaft­li­che Nor­men set­zen. Bald wei­te­ten sich ihre Aktio­nen über die Ukrai­ne hin­aus auf ande­re Län­der des ehe­ma­li­gen Ost­blocks aus, dar­un­ter Russ­land, Polen und Bela­rus, und schließ­lich auf die gan­ze Welt. FEMEN hat sich schnell über die Gren­zen der Ukrai­ne hin­aus ver­brei­tet und ist inter­na­tio­nal zu einer Sym­bol­fi­gur des femi­nis­ti­schen Pro­tests geworden.

„Als Künst­le­rin arbei­tet sich die Akti­vis­tin zeit­le­bens an ihrer ortho­dox gepräg­ten Erzie­hung ab. In ihren aus­führ­lich gezeig­ten Gemäl­den benutzt sie reli­giö­se Moti­ve, per­si­fliert und hin­ter­fragt sie damit. In jeder Hin­sicht frei­geis­tig und zugleich getrie­ben, will sie sich auch in ihren Bezie­hun­gen nicht fest­le­gen. So bleibt ihre Dar­stel­lung immer ambi­va­lent, so wie sich auch ihre Hal­tung zur mit­be­grün­de­ten Grup­pe ändert. Je pro­fes­sio­nel­ler und zuneh­mend inter­na­tio­nal die­se agiert, des­to mehr ent­frem­det sich Oksa­na von ihr. Eine Zäsur stellt dabei ihre Gefan­gen­schaft in Bela­rus dar. Nach einer Akti­on gegen die Wie­der­wahl des seit 1994 regie­ren­den Prä­si­den­ten Alex­an­der Luka­schanko wird sie dort ohne Ankla­ge für unbe­stimm­te Zeit in Ein­zel­haft fest­ge­hal­ten und gefol­tert. Die Frei­las­sung erscheint dann fast wie ein Wun­der, gefolgt von Ernüch­te­rung nach ihrer Ankunft in Frank­reich, wo sie immer wie­der aufs Neue ver­hört wird. Dass sie als poli­ti­sche Geflüch­te­te gefähr­det ist, wird von den Behör­den nicht ernst genom­men. Von nun an redu­ziert der Film sein Tem­po; die wohl kom­po­nier­ten, stren­gen Bil­der wer­den stil­ler. Die als Rück­blen­den ein­ge­streu­ten Erin­ne­run­gen strah­len dage­gen eine gro­ße Wär­me aus und unter­strei­chen visu­ell Oksa­nas Ein­sam­keit im Exil. Das wäre alles kaum so ein­drück­lich ohne die Haupt­dar­stel­le­rin Albi­na Korzh, die sich mit Ver­ve ihrem Vor­bild anver­wan­delt und sie in jeder Nuan­ce glaub­haft ver­kör­pert. (…) Den­noch besteht zur Haupt­fi­gur und ihrem tra­gi­schen Ende immer eine gewis­se Distanz. Das liegt viel­leicht auch an der por­trä­tier­ten Per­sön­lich­keit selbst, die sich wider­bors­tig der Ver­klä­rung ver­wei­gert. Was bleibt, ist das Gefühl des Ver­lus­tes einer Kämp­fe­rin, die heu­te mehr denn je gebraucht wür­de.“ (Ingrid Beer­baum, fil​mund​kunst​.de)

„Stär­ker als das Dreh­buch sind die dunk­len Bil­der, die Kame­ra­mann Eric Dumont ein­fängt. Sie erin­nern an die baro­cken oder roman­ti­schen Gemäl­de, die Oxa­na stu­diert, oft ist nur das Gesicht der Prot­ago­nis­tin erleuch­tet, wie eine ihrer Iko­nen wird sie in Sze­ne gesetzt. Die Ukrai­ne­rin Albi­na Korzh beein­druckt in der Titel­rol­le, in ihrem Schwan­ken zwi­schen Ver­letz­lich­keit und fast reli­giö­sem Furor, zwi­schen Wut und Ver­zweif­lung.“ (Inga Bart­hels, Der Tages­spie­gel 24.07.25)

„Albi­na Korzh ist als FEMEN-Krea­tiv­che­fin und füh­ren­der Kopf der Grup­pie­rung bril­lant. Wür­de­voll und sou­ve­rän spielt sie eine facet­ten­rei­che, von Melan­cho­lie und einem tie­fen Gerech­tig­keits­sinn durch­zo­ge­ne Frau, die immer an ihre Idea­le glaub­te. Sie schil­dert die Befind­lich­kei­ten ihrer inner­lich zer­ris­se­nen Figur jeder­zeit mit­rei­ßend und schlüs­sig.“ (Björn Schnei­der, pro​gramm​ki​no​.de)