Pas­to­ra­le პასტორალი

Geor­gi­sche SSR 1975, 95 min, geor­gi­sche Ori­gi­nal­fas­sung mit deut­schen UT

Regie: Otar Iosseliani 

Ein Musi­ker-Quar­tett aus der Stadt ver­bringt den Som­mer in einem Dorf; die Kin­der der Fami­lie, die ihnen Zim­mer im Ober­ge­schoss ver­mie­tet hat, füh­len sich von den Besu­chern ange­zo­gen. Ios­se­lia­ni erzählt die­se Geschich­te, ohne den Anschein des Erzäh­lens zu erwe­cken, mul­ti­pli­ziert sie und fügt unend­lich vie­le Anfän­ge neu­er Geschich­ten ein. „Ein Film von träu­me­risch schö­nen Schwarz­weiß-Gesich­tern, mit Tier­stim­men an Stel­le von Dia­lo­gen und gedul­di­gen, bei­na­he stum­men Sequen­zen der Cha­rak­te­re beim täg­li­chen Schuf­ten an Stel­le von trei­ben­der Hand­lung.” (Ilya Grigorev)

„Seit­dem Otar Ios­se­lia­ni von sei­nem Land erzählt, von Geor­gi­en, haben sich die Din­ge ver­än­dert. PAS­TO­RA­LE ist weit ent­fernt von LIS­TOPAD, der mit einer Wein­ern­te begann und mit der Unbe­weg­lich­keit einer Kir­che auf­hör­te. In PAS­TO­RA­LE gibt sich der Fil­me­ma­cher erns­ter, des­il­lu­sio­nier­ter. Auf zugleich zärt­li­che und kri­ti­sche Wei­se zeigt er die Geor­gi­er und ihre Art zu leben und zu arbei­ten, aber er kon­sta­tiert dies­mal, dass die Inva­si­on des Fort­schritts die Wur­zeln erreicht. Der Plat­ten­spie­ler, der das Gram­mo­phon über­holt, der Fisch­fang mit Dyna­mit, die Ver­tei­lung von Dün­ger mit einem Flug­zeug, das Fern­se­hen unter den Fami­li­en­por­träts… Ios­se­lia­ni ver­weilt mehr auf die­sen Unstim­mig­kei­ten, Wider­sprü­chen, als auf dem tra­di­tio­nel­len Bild des Geor­gi­ers, der singt und viel Wein trinkt. (…)

PAS­TO­RA­LE ist eine dis­kre­te und kom­ple­xe Schil­de­rung, sie steht nicht in Abhän­gig­keit von der Erzäh­lung. Die Erzäh­lung ver­läuft eher unter­ir­disch. Ein Musi­ker-Quar­tett, das aus der Stadt gekom­men ist, instal­liert sich im Som­mer in einem Dorf, und die Kin­der der Fami­lie, die ihnen eini­ge Zim­mer im Ober­ge­schoss ver­mie­tet hat, sind sehr von die­sen Besu­chern ange­zo­gen. Aber die­se Geschich­te wird nicht auf der Lein­wand ent­fal­tet: Ios­se­lia­ni erzählt sie, ohne den Anschein des Erzäh­lens zu erwe­cken, mul­ti­pli­ziert sie und fügt unend­lich vie­le Anfän­ge neu­er Geschich­te ein. (…)

Tau­send Details sind auf die­se Art zu ent­de­cken, und des­halb kann man PAS­TO­RA­LE ohne Lan­ge­wei­le sehen und immer wie­der sehen. Jede Ein­stel­lung wird orches­triert mit unauf­hör­li­chen Bewe­gun­gen, die ihr Tie­fe geben. Leicht und freund­schaft­lich glei­tet der Blick Ios­se­lia­nis, den man zu Beginn in einem Auto­bus sieht, von einer Ges­te zur ande­ren. Tie­re gehen mit ihrem eige­nen Rhyth­mus vor­bei, ein Greis mäht und kehrt nach Hau­se zurück, die Sen­se und das Heu auf dem Rücken, die Frau­en brin­gen Tep­pi­che und Bet­ten ins Haus, weil ein Gewit­ter droht, und bald häm­mert der Regen auf den ewig schlam­mi­gen Boden. Wie in den schöns­ten Stumm­fil­men regiert das Kino und beweist sein Genie in der poe­ti­schen Schil­de­rung der Welt.“ (Clai­re Devar­riex, La descrip­ti­on poé­tique du mon­de, Ber­li­na­le Forum 1982)