Sonn­tags­kind. Die Schrift­stel­le­rin Hel­ga Schubert

Deutsch­land 2023, 100 min, deut­sche Originalfassung

Regie: Jörg Herrmann

Irgend­wo im Nir­gend­wo zwi­schen Schwe­rin und Wis­mar lebt die 83-jäh­ri­ge Hel­ga Schu­bert, pflegt ihren 95-jäh­ri­gen kran­ken Ehe­mann, den ehe­ma­li­gen Psy­cho­lo­gie­pro­fes­sor und Maler Johan­nes Helm und schreibt, wie in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten, jeden Tag an ihren Geschich­ten. Von hier aus bricht sie, so oft es mög­lich ist, auf zu Lesun­gen, Vor­trä­gen und Emp­fän­gen, denn seit dem Gewinn des Bach­mann­prei­ses im ers­ten Coro­na­som­mer 2020 ist sie wie­der eine gefrag­te Per­son des öffent­li­chen Lebens.

Der Film beglei­tet eine ener­gie­ge­la­de­ne, hell­wa­che Frau ein Jahr lang auf die­sen Aus­flü­gen. Dabei wer­den wich­ti­ge bio­gra­fi­schen Sta­tio­nen ihres lan­gen Lebens pas­siert. Von der ehr­gei­zi­gen Schü­le­rin in Ost-Ber­lin über die Psy­cho­lo­gin zur Schrift­stel­le­rin, von der über­wach­ten Lite­ra­tin zur Pres­se­spre­che­rin des zen­tra­len Run­den Tisches, die die Auf­lö­sung des Über­wa­chungs­ap­pa­ra­tes mit for­cier­te, von Prei­sen und Ehrun­gen zu Wider­stän­den und Ableh­nung, sowohl in der DDR wie auch im ver­ein­ten Deutsch­land, vom Leben im Fokus der Öffent­lich­keit zum Rück­zug ins länd­li­che Idyll und wie­der zurück ver­läuft die­se fil­misch-lite­ra­ri­sche Reise.

„Archiv­auf­nah­men und Gesprä­che mit Weg­be­glei­tern ergän­zen das ruhi­ge Por­trät einer enorm agi­len, wachen Frau, die ger­ne und aus­führ­lich über ihr beweg­tes Leben erzählt. Eine Flucht aus der DDR kam für Hel­ga Schu­bert nie in Fra­ge, trotz vie­ler Mög­lich­kei­ten wäh­rend Lese­rei­sen in den Wes­ten. Zu sehr hät­te sie ihren Wohn­ort in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, ihre graue Hei­mat­stadt Ber­lin, Freun­de und Fami­lie ver­misst. Doch im Gegen­satz zu vie­len ande­ren woll­te sie die DDR nicht ver­än­dern, nicht refor­mie­ren, es war ihre Hei­mat, nicht mehr und nicht weniger.

Ende der 80er Jah­re, nach­dem der vom DDR-Regime ver­hass­te Mar­cel-Reich Rani­cki nicht mehr dem Bach­mann-Preis vor­stand, konn­te Hel­ga Schu­bert Juro­rin wer­den, in den letz­ten Jah­ren der DDR. Dass sie die­sen wich­ti­gen deutsch­spra­chi­gen Lite­ra­tur­preis vie­le Jah­re spä­ter doch noch gewin­nen wür­de, mag man als iro­ni­sche Poin­te einer lan­gen lite­ra­ri­schen Kar­rie­re ver­ste­hen, der Jörg Herr­mann mit SONN­TAGS­KIND – DIE SCHRIFT­STEL­LE­RIN HEL­GA SCHU­BERT ein sehens­wer­tes, viel­schich­ti­ges Por­trät wid­met.“ (Micha­el Meyns, pro​gramm​ki​no​.de)