Deutschland 1992, 82 min, deutsche Originalfassung
Regie: Thomas Heise
Im Roxy, einem Betonwürfel in Halle-Neustadt, hört man junge Menschen schreien: “Sieg Heil!” und “Jetzt geht’s los!” Der Feind ist klar: Autonome, Ausländer, Zigeuner. Alles andere ist unklar: Alte Werte, Rechte, Pflichten, Vorbilder und Verbote sind umgeworfen und einer zweifelhaften Freiheit gewichen. Sie trinken an gegen die Ungewissheit, niemand will ein Verlierer sein. Und was wollen sie? Thomas Heise fragt nach. Ronny hat fünf Geschwister, er versucht den Dialog mit seinen Eltern, aber sie verstehen ihn nicht. Holli erzählt, wie er ein Rechter wurde und wie seine Mutter starb. Matthias ist der Jüngste, sein Traum wäre ein Harem und Konrad bäckt gern Kuchen. Das Klischee stimmt, und es stimmt nicht. Als Einzelpersonen sind sie nicht unsympathisch, in der Gruppe gefährlich. (Ö Filmproduktion)
„Am Abend des 24. November wurde in verschiedenen Zügen der Berliner U‑Bahn ein Flugblatt verteilt. Da hieß es: ‚Kein Rederecht, kein Organisationsrecht, keine Propagandafreiheit für Faschisten! Um 21:30 Uhr am Mittwoch 25.11.92 soll die Uraufführung vom Film DER STAU im Berliner Ensemble stattfinden. Dieser Film ist eine unkommentierte Selbstdarstellung von faschistischen Hausbesetzern… Angesicht der aktuellen Lage finden wir es wichtiger denn je, daß Faschisten kein Rederecht, kein Organisationsrecht, keine Propagandafreiheit eingeräumt wird. Wir rufen deshalb zum aktiven Boykott von diesem Film auf. Das heißt konkret, es sollen keine Faschisten hineindürfen, der Film soll möglichst nicht gezeigt werden… Tod dem Faschismus! Berliner AntifaschistInnen“… [Der Film] wurde doch noch gezeigt. Im Haus der Demokratie auf der Friedrichstraße, dort, wo die zum ‚aktiven Boykott‘ Entschlossenen sich hatten treffen wollen, stellten sich Regisseur und Kameramann. Sie stellten sich einer Diskussion über den Film, den außer ihnen offenbar keiner kannte – und wie unbekannt der Film war, offenbarten die so tatbereiten Autonomen selbst. Auf das Flugblatt angesprochen, erklärte einer der Verantwortlichen mit freundlicher Unbekümmertheit, man habe eben aus Halle gehört, der Film verharmlose die rechte Gewalt…“ (Stephan Speicher, FAZ, 27.11.92)