Trains (Pocią­gi)

Polen 2024, 81 min, ohne Dialog

Regie: Maciej J. Drygas

“The­re is ple­nty of hope. An infi­ni­te amount of hope. But not for us.” Franz Kafka

„Com­part­ment 2, Car 7“ heißt ein Werk des Kom­po­nis­ten Pawel Szy­man­ski. Es trägt, ein­ge­wirkt in einen Tep­pich aus Klän­gen, rea­len und elek­tro­nisch erzeug­ten, wesent­lich bei zur Wir­kung die­ses außer­or­dent­li­chen Films des pol­ni­schen Regis­seurs Macij J. Dry­gas. Der Titel indes trügt. Denn in TRAINS (einem Film ohne Wor­te) geht es nicht allein um Züge. Das aus­schließ­lich aus Archi­ven stam­men­de Mate­ri­al wird ver­dich­tet zu einer Stu­die über die Mensch­heits­ka­ta­stro­phe Krieg. Eisen­bah­nen sind das Mit­tel um Sol­da­ten zur Front zu beför­dern, Juden „aus­zu­sie­deln“, Völ­ker zu ver­trei­ben …
TRAINS beginnt spek­ta­ku­lär mit Auf­nah­men aus einer Werks­hal­le, wo bei häm­mern­dem Maschi­nen­lärm Loko­mo­ti­ven zusam­men­ge­baut wer­den, bis sie end­lich los­damp­fen, bis Räder rol­len für den Krieg. Nur kurz sind die fried­li­chen Zei­ten, in denen man ein­fach rei­sen konn­te, dicht gedrängt oder auch luxu­ri­ös im Salon­wa­gen. Klug kom­po­niert sind die Schnit­te, wie der Über­gang von Char­lie Chap­lin, eben noch im Film THE IDLE CLASS aus dem Gepäck­fach eines Zuges krab­belnd, dann Chap­lin 30 Jah­re spä­ter, von einer jubeln­den Men­ge begrüßt, auf Hän­den getra­gen, und schließ­lich zum gro­ßen Dik­ta­tor hims­elf, Hit­ler also, 1941 im Füh­r­er­wa­gen gen Osten fah­rend, blö­de lächelnd, zufrie­den mit sich und den Volks­ge­nos­sen, die drau­ßen die Stre­cke säu­men. Jubelnd auch sie, aber irgend­wie ähn­lich den Gra­na­ten, die stramm ste­hend 1917 zum Schlacht­feld im Wes­ten gekarrt wer­den, wo in der ver­wüs­te­ten Land­schaft ein Eisen­bahn­ge­schütz don­nert.
Es sind aber die Bil­der der Men­schen, die im Gedächt­nis wei­ter­boh­ren. Wie die im Tod ver­zerr­ten Gesich­ter der Häft­lin­ge, die aus einem vor dem KZ Dach­au ste­cken­ge­blie­be­nen Güter­zug gebor­gen wer­den. Oder aus dem Ers­ten Welt­krieg ein Sol­dat. Eine Kugel hat ihm Nase Mund und Kinn weg­ge­schos­sen, eine Gesichts­pro­the­se wird ihm ange­passt – eine Mas­ke mit lächeln­dem Mund. (Eli­sa­beth Bauschmid, Indie­ki­no, Okto­ber 25)