Tuta­jos­ok / Memo­ries of a River

Ungarn / Frank­reich 1989, 139 min, Unga­risch mit engl. UT
Regie: Judit Elek

Am 1. April 1882 ver­schwand ein 14-jäh­ri­ges Mäd­chen aus einem Dorf im nord­öst­li­chen Ungarn. Wil­de Gerüch­te ent­stan­den, sie sei einem jüdi­schen Ritu­al­mord aus Anlass des zwei Tage spä­ter begin­nen­den Pes­sach­fes­tes zum Opfer gefal­len. Obwohl das nach­weis­lich ertrun­ke­ne Mäd­chen Mit­te Juni 1882 in der Tis­za gefun­den wur­de, begann ein dif­fa­mie­ren­der Pro­zess gegen 15 Mit­glie­der der ört­li­chen jüdi­schen Gemein­de. Er ende­te zwar mit Frei­sprü­chen, ist aber wie auch der Drey­fus-Pro­zess eini­ge Jah­re spä­ter in Frank­reich Aus­druck eines immer lau­ter wer­den­den Anti­se­mi­tis­mus in der 2. Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts ange­sichts der erfolg­rei­chen „Jüdi­schen Eman­zi­pa­ti­on“ in den Jahr­zehn­ten davor. Die soge­nann­te „Affä­re von Tis­za­es­zlár“ wur­de mehr­fach im Kino und in der Lite­ra­tur ver­ar­bei­tet, u.a. von Arnold Zweig (Ritu­al­mord in Ungarn, 1914) und G.W. Pabst (Der Pro­zess, 1948). Elek schrieb das Dreh­buch zu ihrem Film mit dem eben­falls jüdisch­stäm­mi­gen Autor Péter Nádás, einem der wich­tigs­ten unga­ri­schen Schrift­stel­ler der Gegen­wart. Gemein­sam gestal­te­ten sie den Stoff als epi­sche, bild­ge­wal­ti­ge Erzäh­lung; Elek insze­nier­te für die Ent­ste­hungs­zeit aus­ge­spro­chen unge­wöhn­lich wei­te Stre­cken des Films in Groß­auf­nah­men und mit einer gera­de­zu frap­pie­ren­den doku­men­ta­ri­schen Unmittelbarkeit.

Die Judit Elek Werk­schau ist Teil der vom Haupt­stadt­kul­tur­fonds geför­der­ten Ver­an­stal­tungs­rei­he Arse­nal on Location:

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