Österreich / Italien 2023, 80 min, italienische Originalfassung mit deutschen UT
Regie: Florian Kofler, Julia Gutweniger
VISTA MARE spielt in und mit einer Welt, die zur Projektionsfläche von la dolce vita geworden ist. Über eine Saison hinweg beobachten Julia Gutweniger und Florian Kofler das Geschehen an der Adriaküste, fangen bunte Sonnenschirme genauso ein wie Flippermaschinen, Espressi und sandige Zehen. Und bringen dabei an die Oberfläche, was im süßen Leben keinen Platz hat: Arbeit. Risse in der Idylle. Bis schließlich die Fassade zu bröckeln droht: Demonstrierende Arbeiter:innen ziehen durch die Straßen. Fremdkörper in der Urlaubswelt. Eine Sichtbarmachung des Übersehenen. (Lisa Heuschober; Diagonale 2024)
„Zu herrlich entrückten Soundscapes entfaltet sich ein poetisches Urlaubs-Diorama, eine fast surreal anmutende dokumentarische Observation, die Verklärung entlarvt, ohne zu entzaubern. Und es hallt leise ‚Coco bello!‘ … „ (Sebastian Höglinger, Viennale 2023)
„Nach einer Recherche im Jahr zuvor in der Sommersaison 2022 gedreht und erst kurz vor Locarno fertiggestellt, führt uns der Film hinter die Kulissen des Ferientourismus am Meer. Im Fokus stehen ganz klar die Arbeiterinnen und Arbeiter, die ‚kleinen Zahnräder‘ der Urlaubsindustrie, die für den ungetrübten Spaß anderer Leute hackeln. Ohne Interviews und Eingriffe finden die beiden Filmemachenden absurde und witzige Situationen. Besonders die Vorbereitungen auf den Ansturm der Sommerfrischler am Saisonbeginn macht die Dimension des Tourismus deutlich. Bagger präparieren den Sand, Arbeiter setzen die Sonnenschirme und in den Hotels trainieren die Animateure ihr Lächeln. Das ergibt immer wieder unfreiwillig komische und teils bitterböse Bilder, die nur durch die Sommersonne abgemildert werden. Und auch für das Tourismusland Südtirol mit seinen Gastarbeiterinnen, die jedes Jahr einen Gutteil des Wohlstands erarbeiten, ist VISTA MARE ein südlich-sommerlicher Spiegel.“ (Marian Wilhelm, Dolomiten 11.08.2023)
„Es sind vor allem die sorgsam arrangierten Bilder und die dezent, aber effektiv eingesetzten musikalischen Akzente sowie die sorgsam ausgesuchten Akteur*innen, denen VISTA MARE sein müheloses Schweben zwischen Sein und Schein, purem Dokumentarismus und grimmigem Essay über die Tourismusindustrie verdankt. An einer Stelle nur bricht der Film aus seinem selbstauferlegten Konzept der überwiegend starren Tableaus aus und wird dynamischer: Mitten in der Hauptsaison formiert sich ein Demonstrationszug der Saisonarbeiter*innen, mit dem sie gegen schlechte Bezahlung, miserable Arbeitsbedingungen und mangelhafte soziale Absicherung protestieren: „Wir sind Sklaven!“, so skandieren sie, bevor sie wieder in den Alltagstrott zurückkehren, in dem sie alles dafür tun, für die Tourist*innen aus dem In- und Ausland die perfekte Illusion sommerlicher Leichtigkeit zu erzeugen – koste es, was es wolle.“ (Joachim Kurz, kino-zeit.de)