Wo der Him­mel die Erde berührt

Als Abgän­ger der Film­aka­de­mie Baden-Würt­tem­berg hat­te Frank Mül­ler als Pro­du­zent, Regis­seur und Kame­ra­mann sei­nen ers­ten Kino­do­ku­men­tar­film in Kir­gi­stan nach dem Stu­di­um pro­du­ziert. Um die fas­zi­nie­ren­de Land­schaft in einem der schöns­ten Län­dern Zen­tral­asi­ens gebür­tig zu prä­sen­tie­ren, dreh­te er den Film auf 35mm Cine­ma­scope. Damit ist es einer der ganz weni­gen deut­schen Doku­men­tar­fil­me, die in die­sem Film­for­mat je gedreht wor­den sind.

Frank Mül­ler inter­es­sier­te sich für Kir­gi­stan, weil er dort die enor­men Kon­tras­te zwi­schen west­li­cher Zivi­li­sa­ti­on und jahr­hun­der­tal­ter Noma­den­tra­di­ti­on doku­men­tie­ren woll­te. Die ehe­ma­li­ge Sowjet­re­pu­blik durch­leb­te mit der eige­nen Unab­hän­gig­keit eine her­aus­for­dern­de Pha­se der Ver­än­de­rung, bei der auch Natur und Umwelt stark in Lei­den­schaft gezo­gen wor­den sind. Frank fand auf der Hoch­ebe­ne in 2.500m Höhe eine natur­ver­bun­de­ne Noma­din die abso­lut im Ein­klang mit der Natur leb­te und den gan­zen Som­mer über mit ihren Scha­fen und Kühen trotz stän­di­ger Gefah­ren durch Bären und Wöl­fen in der wil­den Natur Kir­gi­stans in die­ser end­los unbe­rühr­ten Wild­ness über­leb­te. Im Kon­trast hier­zu doku­men­tier­te Frank das kana­di­sche Berg­bau­un­ter­neh­men Kum­tor, die durch ihren Abbau von Gold kom­plet­te Land­schaf­ten zerstörten.

Die­se unfass­ba­ren Gegen­sät­ze beweg­ten Frank einen Doku­men­tar­film zu dre­hen, der bis heu­te die Fra­ge offen lässt, ob wir als west­li­che Zivi­li­sa­ti­on über­haupt noch einen Zugang zu Natur und Umwelt fin­den oder uns unse­re Lebens­grund­la­gen zunich­te machen wollen.

Nach über 20 Jah­ren ist es ein Blick zurück in eine Welt des kir­gi­si­schen Noma­den­le­ben, das immer noch sei­ne Fas­zi­na­ti­on behält und damals von dem berühm­ten kir­gi­si­schen Schrift­stel­ler Tschin­gis Ait­matov mit einer eige­nen Text­vor­la­ge unter­stützt wurde.

zum Film­pro­gramm:

Wo der Him­mel die Erde berührt

Deutsch­land 1999, 35mm, 85 min, OmdU

Regie: Frank Müller

Eine alte Noma­din, Bübüsch, ist eine der Prot­ago­nis­ten im Film, sie lebt allein auf der Alm im Hoch­ge­bir­ge in einer Jur­te mit ihren Scha­fen. Sie ist wie die Mut­ter Erde und hat in ihrem Leben schon vie­le schwe­re Erfah­run­gen gemacht. Ein wei­te­rer Prot­ago­nist ist Rys­bek, ein kir­gi­si­scher Epo­s­er­zäh­ler, der nach einem tau­send­jäh­ri­gen Brauch­tum das kir­gi­si­sche Epos ‚Manas‘ im Sprech­ge­sang erzählt. Durch sei­ne Lebens­weis­hei­ten erzählt er von der groß­ar­ti­gen Noma­den­kul­tur an der alten Sei­den­stra­ße. Mit den bei­den Haupt­per­so­nen wird die Hoff­nung ver­mit­telt, dass sich die Kir­gi­sen ihrer Tra­di­ti­on bewusst blei­ben und die bei­spiel­lo­sen Natur­schön­hei­ten Zen­tral­asi­ens bis ins nächs­te Jahr­hun­dert erhal­ten. Denn auch Kir­gi­stan wird nicht von der west­li­chen Zivi­li­sa­ti­on ver­schont. Hier wird das größ­te Gold­vor­kom­men der Erde ver­mu­tet. Ein kana­di­sches Groß­un­ter­neh­men zer­stört eine gan­ze Regi­on. Täg­lich wer­den durch Spren­gun­gen Glet­scher ver­nich­tet, gan­ze Berg­ket­ten abtrans­por­tiert und mit einem respekt­lo­sen Umgang der Natur ein Raum auf Jahr­hun­der­te hin weg­ge­nom­men. Wo der Him­mel die Erde berührt arbei­tet mit star­ken Kon­tras­ten und will mit der Gegen­über­stel­lung von High Tech und Noma­den­Brauch­tum ein Bewusst­sein für Natur und Tra­di­ti­on erzeu­gen. Hier­für wur­de ein wun­der­schö­nes volks­tüm­li­ches Fest auf einer Alm in über 3.000m Höhe doku­men­tiert, es wur­den tra­di­tio­nel­le Rei­ter­kämp­fe aus­ge­tra­gen, eine kir­gi­si­sche Tau­fe (Toschut­oy) arran­giert und ein kir­gi­si­sches Essen (Beschpar­mak) für über 300 Men­schen gege­ben, herr­li­che Bil­der einer noch exis­tie­ren­den noma­di­schen Tradition.

VOR­FILM

Ele­gie über einen Abzug

Deutsch­land 1994, 35mm, 28 min

Regie: Frank Müller

ELE­GIE ÜBER EINEN ABZUG doku­men­tiert den Abzug der Ame­ri­ka­ner und der roten Armee aus Deutsch­land im Jahr 1992. Hier hat­te der Regis­seur Frank Mül­ler ver­sucht, bei­de Arme­en auf glei­che Augen­hö­he zu set­zen, so dass es weder einen Gewin­ner noch einen Ver­lie­rer bei dem Abzug geben wür­de. Aber über 30 Jah­re spä­ter wir­ken mit einem neu­en Krieg in Euro­pa die Wun­den des Rück­zugs immer noch nicht dau­er­haft ver­heilt zu sein.