Garagenvolk (Гаражане)
D 2020, 95 min, russische Originalfassung mit deutschen UT
Regie: Natalija Yefimkina
Im post-sowjetischen Russland gibt es ein Phänomen abseits von Eisfischen, Matrojschkas und Wodka: Die Garagensiedlung. Von außen unwirtliche Blechhütten bieten sie einer Vielzahl von Russen – vorwiegend Männern ein Refugium. Nach eigenem Gusto und abseits aller Regeln, mit Erfindungskraft und Zähigkeit entstehen auf wenigen Quadratmeter alternative Lebensräume. Schrottsammler Ilja nutzt die Garage als Produktionsstätte, Roman für seine Wachtelzucht, Pavel schnitzt kunstfertig Heiligenfiguren und Viktor hat die seine in jahrzehntelanger Arbeit um vier unterirdische Stockwerke ergänzt. Hier gibt es alles, und alles scheint möglich. Die Garagen sind Ausdruck eines Rückzugs ins Private, eine Flucht vor dem Alltag. Hinter dem Polarkreis, in einer rauen Gegend, in der ein Bergbaukonzern der einzige Arbeitgeber ist, bleibt die Garage die letzte Möglichkeit zur Selbstverwirklichung – und kommt so viel fältig daher, wie die Träume ihrer Besitzer.
„Viele der Persönlichkeiten hier werden im Gedächtnis bleiben: der wackere Viktor, der nicht mehr lange zu leben hat, die Mitglieder der Rockband, die sich trennt, weil eigentlich alle hier wegwollen, oder der Wachtelzüchter Roman, der von einer Partnerin träumt. Manchmal wirkt die ganze Szenerie wie eine Theaterkulisse mit inszenierten Tableaus. Dann sehen die Garagen von Weitem aus wie merkwürdig dekorierte Puppenstuben. Jede stellt eine eigene kleine Welt dar, eine wahr gewordene Zukunftsvision. Zusammen bilden sie lauter kleine, isolierte Waben eines großen Ganzen, jede steht für einen einzelnen Menschen. Zusammen, aber nicht gemeinsam, haben sie all das gestaltet, und zwar aus einem unstillbaren Drang zur Betätigung, um etwas zu schaffen, was zu ihnen gehört. Aus all ihren Geschichten, Gesprächen und Erlebnissen ergibt sich ein kaleidoskopartiges, sehr interessantes Bild von Russland und den Menschen, die jenseits des Polarkreises leben und nicht viel mehr als ihre Träume haben.“ (Gaby Sikorski, programmkino.de)
„Die Garagen erscheinen als Zufluchtsorte. Sie sind die Orte derjenigen, die, allen Widrigkeiten zum Trotz, bleiben wollen: die Garage als Heimat. Was für eine schnoddrig-schöne Metapher.” (Jens Balkenborg, epd-film.de)